Rezension

Leider nicht wie erhofft…!

The Maid -

The Maid
von Nita Prose

Im altehrwürdigen Regency Grand Hotel in London geht Molly Gray Tag für Tag ihrer Arbeit nach, denn Molly Gray ist Zimmermädchen und zwar ein ganz besonders Zimmermädchen: Sie hat einen Blick für Details, ein fotografisches Gedächtnis und einen Hang zu Regeln. Allgemein liebt sie Rationalität und Ordnung, und so erfüllt sie ein Blick in ein makellos geputztes Zimmer mit Genugtuung. Dafür kann sie die Blicke ihrer Mitmenschen umso weniger deuten. Es fällt ihr schwer, die Empfindungen anderer wahrzunehmen und einzuschätzen. Als ihre Großmutter noch lebte, war sie ihr rettender Anker, der liebevoll für die nötige Struktur in ihrem Leben sorgte. Die einzigen Menschen, zu denen Molly nun Kontakt hat, sind ihre Kolleg*innen und die Gäste im Hotel. Da ist Juan Manuel, der in der Spülküche arbeitet und seinen kargen Lohn seiner Familie in Mexiko schickt. Zu Rodney Stiles, dem Chefbarkeeper des Hauses, der immer so nett zu ihr ist, füllt sie sich romantisch hingezogen. Und Giselle Black, die aktuelle Ehefrau des Stammgastes und Finanz-Tycoons Mr Charles Black, bezeichnet sie sogar als eine Art Freundin. Doch diese fragile Freundschaft wird arg erschüttert, als Molly eines Tages in der Suite der Blacks erscheint, um diese wie gewohnt zu säubern, und dabei Mr Black tot auf dem Bett vorfindet. Die Polizei ist überzeugt, dass er keines natürlichen Todes gestorben ist, und somit rückt Giselle in den Mittelpunkt der polizeilichen Ermittlungen. Beim Versuch ihrer „Freundin“ zu helfen, gerät Molly selbst in den Fokus der Aufmerksamkeit: Es wird ihr unterstellt, sie hätte Mr Black getötet. Ihre wohlgeordnete Welt gerät dermaßen aus den Fugen, dass sie nicht mehr einschätzen kann, wer ihr Freund und wer ihr Feind ist…!

Ermittler*innen mit dem Asberger-Syndrom scheinen gerade im Krimi-Genre sehr beliebt zu sein. Nachdem Autoren wie Gil Ribeiro und Jeff Cohen schon äußerst erfolgreich ihre männlichen Kriminalisten ins Rennen um die Gunst der Leserschaft geschickt haben, versucht nun Nita Prose mit ihrer femininen Version den Krimi-Olymp zu erklimmen. Ob sie den Gipfel erreichen wird? Ich wage da keine Prognose. Im Vorfeld waren mir nur positive Meinungen zu Ohren bzw. vor’s Auge gekommen. Mir persönlich fällt es nach der Lektüre leider schwer, in die allgemeine Lobhudelei mit einzustimmen, und so befürchte ich, dass dies eine für meine Verhältnisse ungewohnt kritische Rezension werden wird.

Laut Verlagswerbung wurde mir ein „liebenswert-humorvoller“ „cosy Krimi“ versprochen, der „mit unerwarteten Twists“ aufwartet, „die auch beim Miträtseln großen Spaß machen.“ Auch die Art der Cover-Gestaltung lässt auf eben jene Attribute schließen, was zur Folge hatte, dass meine in den Roman gesetzten Erwartungen leider nur in Ansätzen erfüllt wurden.

Ich vermisste schlicht und ergreifend den Humor in diesem Roman (oder er war vorhanden und wurde von mir nicht wahrgenommen, da er leider nicht meinem Humor-Verständnis entsprach). Mollys Leben erscheint mir so freudlos. Die Menschen in ihrer Umgebung scheinen nur auf den eigenen Vorteil bedacht zu sein und darauf, sie zu diskreditieren. Niemand bringt ihr ehrliche positive Gefühle entgegen. Als Leser bemerkte ich diese Verlogenheit, Molly bemerkt es nicht. Aufgrund ihrer Beeinträchtigung in der Wahrnehmung versteht sie weder Ironie noch die leisen Untertöne einer Kommunikation. Für sie ist der gesprochene Satz ganz „pur“ in seiner Bedeutung. Und gerade mit diesem „Handicap“ hätte die Autorin wunderbare Szenen voller Situationskomik kreieren können. So spürte ich nur eine Tristesse, die kaum zu ertragen war.

Erst ab ca. dem 20. Kapitel nimmt nicht nur die Geschichte an Fahrt auf, auch ist endlich ein Ansatz von „cosy“ zu erahnen. Vielleicht hat die Autorin diese Entwicklung der Geschichte auch ganz bewusst gewählt, um so das Ende mehr glänzen zu lassen. Plötzlich war eine gewisse Leichtigkeit wahrnehmbar, die ich mir für den gesamten Roman gewünscht und die so Mollys Trostlosigkeit etwas erträglicher gestaltet hätte. Das Ende überrascht dann tatsächlich mit einem kleinen Twist, den ich so nicht vorhergesehen hatte.

Was bleibt, ist das Gefühl, dass Nita Prose leider ihre Chance versäumt hat, die bunte Palette der kurzweiligen Cosy-Krimis mit einer weiteren schillernden Farbe zu bereichern.