Rezension

Tradition oder selbst bestimmtes Leben?

Wildtriebe
von Ute Mank

Bewertet mit 3 Sternen

Eine der schönsten Buchgestaltungen, die ich seit langem gesehen habe: das Cover zartblumig wie ein Aquarell, mit erhabenen Buchstaben, ein fliederfarbenes Lesebändchen - aber meiner Meinung nach alles nicht zum Inhalt passend, dessen Grundstimmung ich als leicht deprimierend empfinde.

Wenn ein Buch wenig Handlung hat, dann wenigstens kluge Gedanken, Denkanregungen oder eine bildhafte poetische Sprache. Davon kann ich in diesem Roman leider nur sehr wenig finden. Man könnte natürlich über die Beweggründe der drei Hauptpersonen nachdenken, aber ich würde zu keinem Ergebnis kommen. In meinen Augen hat die Autorin das Verhalten der drei Frauen nicht immer ausreichend deutlich gemacht. Natürlich soll sie es nicht benennen, aber es durch das, was sie sagen und wie sie handeln, klar machen.

Vielleicht liegt mein Unverständnis an der Sprachlosigkeit, die das ganze Buch durchzieht und dass das Hauptproblem dieser Menschen zu sein scheint: seine Gefühle nicht wahrzunehmen, sie nicht ausdrücken und nicht miteinander reden zu können, einander letztlich fremd zu sein.

Dabei war die Ausgangssituation eine interessante: die Tochter / Enkeltochter Joanna verlässt den Hof, um für ein Jahr nach Afrika zu gehen und das, ohne zurückzublicken oder zu winken. Da denkt man als Leser gleich, dass etwas nicht stimmt, dass es eine Art Flucht ist und dass das Verhältnis zum Elternhaus nicht gerade gut sein kann. Warum? Was ist passiert? Was stimmt nicht? Das war mir am Ende leider immer noch nicht klar.

Die Geschichte entwickelt sich langsam aus zwei wechselnden Perspektiven: Marlies, die Mutter, und Lisbeth, ihre Schwiegermutter, die alte Bäuerin, alles in einer Art innerem Monolog. Es sind zwei Frauen, wie sie gegensätzlicher nicht sein könnten und daraus erwachsen natürlich Konflikte. Alle Personen empfinde ich als leicht klischeehaft: die Schwiegermutter, die alte Bäuerin, die alles bestimmen will, alles besser weiß, und die Schwiegertochter Marlies, die es ihr nicht recht machen kann, obwohl sie sich Mühe gibt, die Enkel-/Tochter, die ganz andere Wege geht, deren Perspektive aber erst sehr viel später erzählt wird.

Werden sich Lisbeth und Marlies doch noch verständigen können? Wird Marlies sich einen Freiraum erkämpfen können? Was wird Joanna machen, wenn sie aus Afrika zurückkommt? Wird Lisbeth ihr lange gehütetes Geheimnis verraten?

Obwohl ich den Roman ziemlich langweilig fand, will ich doch nichts über die wenigen Wendungen im Leben der drei Frauen verraten, damit noch ein wenig Spannung erhalten bleibt.

Zur Sprache muss ich aber noch eine Anmerkung machen. Auch wenn die Art, wie fast alle Personen sprechen, wahrscheinlich ihre Unfähigkeit zur Kommunikation ausdrücken soll, haben mich einige Dinge so genervt, dass es mir den ohnehin reduzierten Lesegenuss noch mehr getrübt hat:

der oft gleichförmige, monotone Satzbau (S-P-O), zu viele Ein- und Zweiwortsätze, aber vor allem: Sätze, in denen das Verb fehlt:

'Ich muss noch die Kannen.' (35) Ja, was denn? holen, bringen, auskippen? Ich hasse solche Sprache. Und auch wenn vielleicht viele so sprechen, muss man das im Buch abbilden? Man versteht natürlich einiges aus dem Zusammenhang, aber es hat meinen Lesefluss erheblich gestört:

'Können Sie mir bitte noch das blaue?' (43)

'… aber warum hat sie sich auch?' (69)

'Hätte er nicht vielleicht doch lieber eine Bäuerin?' (49)

Ich persönlich kann das Buch nicht weiter empfehlen, aber ich bin mir durchaus bewusst, dass es nur meine Meinung ist und ich weiß, dass andere das Buch richtig gut fanden. Ich aber habe leider keinen Zugang gefunden und bin froh, dass ich es zuklappen kann.