Rezension

Spaß trifft Mystik, Trauma und Klimawandel

Der perfekte Kreis -

Der perfekte Kreis
von Benjamin Myers

Bewertet mit 5 Sternen

Die beiden Männer verbindet ein strenger Codex: Niemals Gewalt anwenden, keinen unnötigen Schaden anrichten, kein Tier verletzen, über ihr Projekt schweigen, keine Spur hinterlassen – und ihre Beziehung auf rein sachlicher Ebene halten. Würde ihre Beziehung sich verändern, wäre das das Ende ihres Projekts. Redbone und Calvert legen im Sommer 1989 in Englands Kornkammer, im Südwesten des Landes, hochanspruchsvolle Kornkreise an. Das Niveau ihrer Installationen ist so anspruchsvoll, dass allein schon ihre Kenntnisse sie verraten könnten. Andere Gefahren sind jene Menschen, die in Kornfeldern des Nachts weniger künstlerischen Tätigkeiten nachgehen, aber auch Kornkreisjäger, die aus materiellen oder ideellen Motiven den rätselhaften Erscheinungen auf der Spur sind. Neben dem rein sportlichen Faktor hat die Aktion therapeutische Wirkung (Calvert ist im Einsatz seiner militärischen Sondereinheit traumatisiert), aber auch anarchistische Züge, da beide Männer ihren Staat als natürlichen Feind ansehen. Für das Jahr der Handlung erweist sich rückblickend das Fundament der Aktion als visionär. Redbone, der zeitweise im VW-Bus wild campt, erkennt, wie abhängig er in diesem heißen Sommer von natürlichen Wasserquellen ist, und der größte Landbesitzer der Gegend erkennt, dass Kornkreise ein Geschäftsmodell sein könnten, um die Instandhaltung seines bröckelnden herrschaftlichen Besitzes zu subventionieren. Als größter Visionär zeigt sich schließlich Calvert, der mit der Aktion der beiden Männer Staat, Krieg, taktisches Denken, Klimawandel und Nahrungsmittelknappheit zu einem grandiosen Kreis verknüpft.

Die Vielfalt der Ebenen und Symbole (Beziehung, Spaßfaktor, Mystik, Klimawandel) verknüpft Benjamin Myers zu einem hochaktuellen Roman, der in Deutschland bereits vor dem englischen Original erscheint.