Rezension

Spannender Thriller mit aktuellem wissenschaftlichem Hintergrund

Probe 12 -

Probe 12
von Kathrin Lange

Bewertet mit 4 Sternen

Tom Morell ist verzweifelt: Seine Tochter Sylvie ist an einem der gefährlichsten multiresistenten Keime der Welt erkrankt, ihr Organismus droht zusammenzubrechen. Die Ärzte wissen nicht mehr weiter, keine noch so aggressive Antibiotika-Therapie schlägt an, Sylvie gilt als austherapiert. Da erfährt Tom von der neuartigen Behandlungsmethode mittels Phagen, welche allerdings in Deutschland noch nicht zugelassen ist. Das Zentrum der Phagenforschung befindet sich derzeit in Georgien, wo Professor Anasias es sich zum Lebensziel gesetzt hat, Phagen gegen die zwölf antibiotikaresistentesten Keime zu entwickeln. Er steht kurz davor, seine Ergebnisse zu veröffentlichen, da wird ein tödlicher Anschlag auf ihn verübt. Seine Ziehtochter und Wissenschaftsjournalistin Nina Falkenberg forscht nach und findet heraus, dass es Anasias gelungen ist, Proben seiner Forschung in Sicherheit zu bringen. Tom und sie begegnen sich und entschließen sich zur Zusammenarbeit, doch auch unbekannte Mächte sind hinter den Phagen her – ein Wettlauf um die Zeit beginnt.

„Probe 12“ ist ein Gemeinschaftswerk der beiden Autorinnen Kathrin Lange und Susanne Thiele. Bereits die beruflichen Hintergründe der beiden Frauen versprechen einen authentischen und spannenden Roman, eine schreibt seit Jahren politische Thriller zu aktuellen Themen, die andere bringt als Mikrobiologin und Biochemikerin am Helmholtz-Institut für Infektionsforschung den Sachverstand zum wissenschaftlichen Teil des Buches mit – eine perfekte Kombination, die man als Leser dem Buch auf jeder Seite anmerkt:  „Probe 12“ merkt man die aufwändige, intensive Recherchearbeit absolut an, welche auch am Ende des Buches durch einen wahnsinnig interessanten Faktencheck erläutert wird. Der wissenschaftliche Hintergrund wird auch für mich als Laien verständlich und nachvollziehbar erklärt, die unbekannten Begrifflichkeiten nach und nach eingeführt  und in einem sinnvollen Kontext eingebaut. Zum Nachschlagen der häufigsten Fachbegriffe gibt es ein dreiseitiges Glossar im Anhang.

Das Buch selbst beinhaltet verschiedene Handlungsstränge, die teils parallel zueinander, teils ineinander verwoben ablaufen. Hierbei gibt es einen ständigen Wechsel zwischen den Innenperspektiven verschiedener Protagonisten. Hierdurch erfährt man als Leser schnell die verschiedenen Motive, Gefühle und Gedanken der jeweiligen Person und kann ihr Handeln nachvollziehen. Die Story an sich wirkt gut durchkonstruiert, gelegentliche Längen werden durch actionreiche Szenen ausgeglichen, in denen mehr passiert als ich aufnehmen konnte. Das Buch ist insgesamt sehr spannend und fesselnd zu lesen, es gibt unvorhersehbare Wendungen und man stellt sich als Leser zahlreiche Fragen, auf deren Beantwortung man hinfiebert. Lediglich manche Stellen erschienen mir persönlich etwas unlogisch bzw. unglaubwürdig und auch die „Bösen“ waren sehr klischeehaft. Gut gefallen haben mir hingegen die überraschende Auflösung und das offene Ende, das Raum für Spekulation lässt.

Am besten an „Probe 12“ gefallen hat mir jedoch das wahnsinnig spannende und faszinierende Thema an sich: Gerade durch Corona ist das Thema Gesundheit wieder sehr in den Fokus gerückt und den beiden Autorinnen ist der Bogen zu antibiotikaresistenten Keimen, deren Behandlungsmöglichkeiten sowie politischen Hintergründen und Bezügen sehr gut gelungen. Durch die wissenschaftliche Darstellung habe ich sehr viel gelernt und bin nun durchaus sensibilisiert, da die Geschichte durch eine beängstigende Realitätsnähe überzeugen konnte. So sehr, dass es teilweise schwer war, zwischen Fiktion und Realität zu unterscheiden. Auf jeden Fall ein Buch, dass zum Nachdenken anregt und einen nicht so schnell los lässt.