Rezension

Von Glaube, Liebe und Hoffnung

Das Kreuz des Pilgers -

Das Kreuz des Pilgers
von Petra Schier

Bewertet mit 5 Sternen

Ein unterhaltsamer, kurzweiliger und neugierig machender Auftakt zu einer neuen Mittelalterreihe, die viele Aspekte des gesellschaftlichen Lebens aufgreift und mit spannenden Ideen und Wendungen lockt.

„Sie glaubt, es ist wieder da.“ „Was ist wieder da?“ Eine tiefe Falte bildete sich zwischen seinen Augen. „Ich weiß, es klingt verrückt, denn Wulfhart und Arietta haben es damals zurück ins Heilige Land gebracht und dem Gralsschatz zugeführt, dem unsere Vorfahren es einst entrissen haben.“ Johanns Augen weiteten sich. „Du redest doch wohl nicht von dem silbernen Kruzifix?“

– Das Kreuz des Pilgers, Taschenbuch, Seite 79

Petra Schier habe ich durch ihre wunderbare Adelina Burka-Reihe kennengelernt, die uns ins mittelalterliche Köln führt und an der Seite der Apothekerin Adelina spannende Kriminalfälle miterleben lässt. Meine Rezension zum letzten Band der Adelina-Reihe findet ihr hier.

Der leichte und flüssige Schreibstil, lebendige und farbenfrohe Schilderungen der mittelalterlichen Umgebung und der Menschen sowie die Einführung von sympathischen Protagonist*innen haben mich immer wieder begeistert. Daher habe ich mich sehr gefreut, dass Petra Schier mit dem „Kreuz des Pilgers“ eine weitere Mittelalterreihe begonnen hat. Der Roman ist am 24. August 2021 bei HarperCollins erschienen. Das Taschenbuch habe ich mir selbst gekauft.

Darum geht’s

Für Palmiro und Conlin neigt sich eine lange Pilgerreise dem Ende entgegen. Aus dem Heiligen Land kehren sie nicht mit leeren Händen zurück. Versteckt unter seinen Gewändern verbirgt Palmiro ein silbernes Kreuz, eine besondere Reliquie, die seinen Besitzer vor Gefahren warnt. So spürt er auch, dass die Händlergruppe, mit der er zurück nach Koblenz reist, in Gefahr schwebt. Den Überfall kann er nicht verhindern, aber die Räuber werden, mit hohen Verlusten auf beiden Seiten, zurückgeschlagen. Unter den Opfern ist auch der Gatte seiner sehr guten Freundin Reinhild, mit der er und Conlin zusammen aufgewachsen sind. In der Heimat erwarten die drei Freunde einige Probleme und Überraschungen: Palmiro macht sich selbstständig und muss dabei einige Hürden überwinden, Conlin sieht sich mit komplizierten familiären Problemen konfrontiert und Reinhild muss sich mit ihrem kleinen Sohn an ein Leben als Witwe gewöhnen.

Mein Leseerlebnis

Atemlos ist der Einstieg in diesen historischen Roman. Schon nach den ersten Seiten ist es Petra Schier wieder mühelos gelungen, mich in die ferne Zeit und die turbulenten Geschehnisse rund um Palmiro, Conlin und Reinhild im Jahre 1379 zu ziehen.

Der Schreibstil der Autorin enttäuscht auch in diesem ersten Band der neuen Mittelalterreihe nicht. Lebendig stehen mir die Protagonist*innen vor dem inneren Auge. Auch Landschaften und andere Umgebungen werden in der Fantasie zu einer detaillierten Kulisse für spannende Ereignisse. Dabei ist der Roman kein Krimi, sondern die Geschichte dreier Freund*innen, die zwar – im wahrsten Sinne des Wortes – ihre eigenen Kreuze zu tragen haben, deren Schicksal aber eng miteinander verbunden ist und deren Wege sich immer wieder kreuzen.

Wir begleiten die Protagonist*innen und bekommen einen Eindruck von Städten und Ortschaften, gesellschaftlichen Realitäten, Konventionen und Schicksalen sowie der Lebensweise im Rheinland des 14. Jahrhunderts. Die Beschreibungen wirken authentisch, zum Großteil realistisch und gut recherchiert, worauf auch das sympathische Nachwort der Autorin hinweist. Leid, Armut, patriarchale Strukturen und Gewalt gehören zum Alltag, aber auch Freude, Liebe und das Feiern. All diese Facetten greift Petra Schier auf und schafft es, sowohl den Spannungsbogen als auch die Emotionen der Leser*innen gut im Gleichgewicht zu halten.

Dass die Liebe auch im Mittelalter nicht nur zwischen Frau und Mann existierte ist klar, was ein gleichgeschlechtliches Verhältnis in diesen Zeiten bedeuten konnte, ist auch ein Thema in der Geschichte. Petra Schier greift damit eine Aspekt auf, den ich sehr interessant finde und der mir bislang noch nie in einem Mittelalterroman begegnet ist. Auch die Beschreibung des Glaubens an die Kraft der Kreuzreliquie ist eine sehr gut umsetzte Idee. Dass der Glaube ein so selbstverständlicher Teil der Menschen war, dass sie Wundersames nicht reflektierten oder weiter darüber nachdachten, erscheint mir logisch und folgerichtig.

Das Cover und das Layout des Taschenbuchs gefallen mir sehr gut. Typische mittelalterliche Verzierungen ranken sich über die Titelseite und jedes Kapitel fängt mit einer herausgehobenen Initiale an, wie man es von alten Texten kennt. Beim Buchhändler war es sofort ein Blickfang.

Die Protagonist*innen haben durchaus Tiefe. Es sind spannende Persönlichkeiten, die ich erst begonnen habe, kennenzulernen. In den nächsten Bänden gibt es hoffentlich weitere Entwicklungsmöglichkeiten und vielleicht werden noch mehr Details über ihr Leben und weitere Charakterzüge bekannt. Auch die Nebenfiguren wirken alles andere als blass. Viele von ihnen haben das Potential im weiteren Verlauf der Geschichte noch größere Rollen zu spielen.

Ich freue mich jedenfalls auf das Wiedersehen im nächsten Band „Das Geheimnis des Pilgers„, der am 23. August 2022 bei HarperCollins erscheinen soll.

Fazit 

DAS KREUZ DES PILGERS ist ein unterhaltsamer, kurzweiliger und neugierig machender Auftakt zu einer neuen Mittelalterreihe, die viele Aspekte des gesellschaftlichen Lebens aufgreift und mit spannenden Ideen und Wendungen lockt, sodass man unbedingt wissen möchte, wie es weitergeht.