Rezension

Fesselnder historishcer Roman

Das Kreuz des Pilgers -

Das Kreuz des Pilgers
von Petra Schier

Bewertet mit 5 Sternen

„….Seine Gabe hob ihn von seinen Mitmenschen ab, auch wenn diese zumeist gar nichts davon bemerkten. Schon als Kind hatte er gewusst, dass er anders war als die meisten anderen Menschen...“

Palmiro kann das Licht um Menschen sehen. Das zeigt ihm, ob er ihnen vertrauen kann oder nicht. So gut das klingt, letztendlich ist die Gabe Segen und Fluch zugleich. Palmiro musste lernen, vernünftig damit umzugehen und sie auszublenden.
Wir schreiben das Jahr 1349. Palmiro und Conlin waren als Pilger im Heiligen Land und sind mit einer Handelskarawane auf der Rückreise nach Koblenz. Ihnen haben sich auch Reinhild und Gottfried angeschlossen. Die Vier kennen sich seit ihrer Kindheit.
In der Nähe von Basel werden sie überfallen. Gottfried rettet einem Kind dabei das Leben und stirbt.
Die Autorin hat einen fesselnden historischen Roman geschrieben. Da ich schon andere Bücher von ihr kenne, traf ich in der neuen Serie auf alte Bekannte. Man könnte fast sagen, es ist die nächste, die junge Generation, die jetzt im Mittelpunkt steht.
Der Schriftstil lässt sich flott lesen. Es fällt schwer, das Buch aus der Hand zu legen.
Palmiro, der Ziehsohn von Don Antonio, will sich in Koblenz ein eigenes Geschäft als Pelzhändler aufbauen. Er weiß sich von seiner Familie dabei unterstützt. Für mich ist er unter den drei Protagonisten der Ausgeglichenste, der auch die Fähigkeit hat, Wogen zu glätten. Trotzdem hat er mit einem sehr persönlichen Problem zu kämpfen. Auffallend ist sein Empathie. Er hat einen Blick für das Leid anderer. Der Grund liegt in seiner eigenen Vergangenheit. Die hat er nie vergessen.
Conlin von Langenreth verdient sich seinen Unterhalt durch das Bestreiten von Turnieren. Er kann sehr aufbrausend sein. Schwierig ist sein familiärer Hintergrund. Als jüngerer Sohn war er für das Kloster bestimmt. Conlin und Kloster – das ist nicht vorstellbar. Conlin wird von seinen Mitmenschen gern falsch eingeschätzt.
Reinhild ist die Tochter des Grafen Johann von Manten. Sie weiß, dass sie wieder heiraten muss, denn ihr kleiner Sohn braucht einen Vater. Doch der Mann, den sie lieben könnte, wird von ihrem Vater vehement abgelehnt.
Aus dieser Anfangskonstellation ergibt sich eine spannende Handlung. Der Roman birgt einige Geheimnisse, auf die ich aber hier nicht eingehen möchte. Die sorgen jedoch für den extrem hohen Spannungsbogen und schlagen gleichzeitig eine Brücke in die Vergangenheit.
Gut ausgearbeitete Gespräche erlauben mir einen Einblick in die Gedankenwelt der Protagonisten. Ein Ausschnitt aus einem Gespräch von Palmiro mit Conlin soll das belegen:

„...Du hast Glück gehabt, ohne Frage. Du hältst dich an die Regeln und tust deine Pflicht, wie auch immer die aussehen mag. Aber trotzdem kannst du nicht alles haben...“

Palmiro entgegnet unter anderen:

„...Doch was nützt dir das, wenn du zwar keine Pflichten, jedoch auch keine Wurzeln hast? Du bist ein Blatt im Wind, Conlin...“

Sehr gut beschrieben wird Koblenz. Mit den Protagonisten lerne ich die Stadt und ihr Leben kennen.

„...Städte wie diese gab es im Heiligen Römischen Reich unzählige. Doch nicht alle lagen so günstig am Zusammenfluss zweier Flusswege, wodurch sich hier überdurchschnittlich viele Händler und Kaufleute angesiedelt und es zu erklecklichen Wohlstand gebracht hatten...“

Ab und an gibt es kurze Abstecher nach Köln. Eines wird im Buch auch deutlich. In gewissen Kreisen konnten Frauen durchaus wirtschaftlich mitreden. Deshalb setzt es Reinhild bei ihrem Vater durch, dass sie Palmiro beim Führen der Bücher helfen darf. Das lenkt sie auch von ihrer Trauer um Gottfried ab.
Ein kurzes Nachwort erläutert das Denken in der Zeit, in der der Roman spielt, und relativiert so die etwas mythischen Teile der Geschichte.
Eine Karte von Koblenz und ein ausführliches Personenverzeichnis befinden sich am Anfang des Buches.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen, auch wenn ich heftige Cliffhanger normalerweise nicht mag.