Rezension

Ein Buch mit der Macht, Leben zu verändern!

Das Buch der verschollenen Namen -

Das Buch der verschollenen Namen
von Kristin Harmel

Bewertet mit 4.5 Sternen

„Für meine Swan-Valley-Schwestern – Wendy, Allison, Alyson, Emily und Linda –, die, wie nur Schriftsteller*innen und Leser*innen es können, verstehen, dass Bücher das Schicksal prägen. Und für Bibliothekar*innen und Buchhändler*innen überall, die dafür sorgen, dass diese Bücher mit der Macht, Leben zu verändern, ihren Weg in die Hände der Menschen finden, die sie am meisten brauchen.“ Mit dieser interessanten Widmung, die im Kern bereits auf das zentrale Thema der Geschichte - ein Buch, das ein Leben verändern kann – hinweist, beginnt dieser faszinierende Roman mit dem Titel „Das Buch der verschollenen Namen“ von Kristin Harmel, der größtenteils im Frankreich des Zweiten Weltkriegs spielt.

Im Jahr 2005 sieht die betagte Mrs. Abrams zufällig ein Bild von einem Buch in der Zeitung, das alles verändert. Dieses Buch bedeutet ihr so viel! Plötzlich sind alle traumatischen Erlebnisse, die lange mehr oder weniger erfolgreich verdrängt wurden, wieder da. Sie beschließt, sich auf eine Reise zu begeben… Im Anschluss lernt der Leser dann Eva kennen, die an der Sorbonne, der renommiertesten Universität in Frankreich im Bereich der Sprachen, studiert und Bücher über alles liebt. Mit ihren jüdischen Eltern lebt sie 1942 in einer Pariser Wohnung, als ihr Vater im Rahmen einer der großen Razzien der Nazis und ihrer Kollaborateure auf dramatische Weise verhaftet wird. Eva und ihre Mutter haben aufgrund eines Zufalls Glück, weil sie sich zu dem Zeitpunkt nicht in der Wohnung aufhalten, und können so der Verhaftung entgehen. Sie flüchten sich in die „freie Zone“ nahe der Schweizer Grenze, wo sich Eva in dem kleinen Dorf Aurignon als Fälscherin einer Gruppe der Résistance anschließt, die es sich zum Ziel gemacht hat jüdische Kinder, aber auch andere Regimegegner in die sichere Schweiz zu lotsen. In diesem Kontext lernt sie auch den Widerstandskämpfer Rémy kennen und lieben. Da die jüdischen und teils noch sehr jungen Kinder durch ihre neuen Ausweispapiere neue Identitäten bekommen, ist es für Eva ein Herzenswunsch ihre ursprüngliche Identität irgendwo festzuhalten, damit sie nach dem Krieg eine Möglichkeit bekommen, wieder zu ihren Familien zurückzufinden. So führt sie gemeinsam mit Rémy das Buch der verschollenen Namen. Doch irgendwann spitzt sich die Lage auch in der unbesetzten Zone zu und ihre Widerstandszelle fliegt auf. Rémy verschwindet und das Buch wird von den Nazis konfisziert. 

Der Wechsel der Zeitebene zwischen 2005 und 1942 gelingt hervorragend und erzeugt doppelte Spannung. Es wird bereits auf den ersten Seiten deutlich, dass es sich um einen Pageturner der Extraklasse handelt! Der Leser will fortan unbedingt wissen, wie Eva es schafft zu überleben. Besonders berührend ist die Geschichte, weil sie grundsätzlich auf einer wahren Begebenheit fußt. Allerdings wird doch deutlich, dass auch große Teile der Handlung durch Fiktion ergänzt wurde, da Eva sehr oft sehr viele glückliche Zufälle erlebt, die so in der Realität wohl kaum möglich waren. Dennoch wird die bereits in der Widmung angesprochene Message auf großartige Weise umgesetzt. Der Autorin gelingt es mittels ihres belletristischen Stils zu vermitteln, wie wichtig Liebe und Mut im Angesicht des Bösen sind. Die verschollenen Namen spielen allerdings keine weitere Rolle mehr, sondern nehmen eher die Metapher des „Sich-Erinnerns“ ein. Das Schicksal dieser Kinder bleibt offen. Alle Leser, die „schwere Kost“ leicht verpackt mögen, werden dieses feinfühlige Buch lieben!