Rezension

Wenn Freundinnen ihre Fassaden fallen lassen

One of the Girls
von Lucy Clarke

Bewertet mit 4 Sternen

Spannend erzählter Roman über Frauenfreundschaften, Lügen und Geheimnissen, die sich zu einem Drama zuspitzen

Cover:

Das Titelbild mit dem Blick aus der griechischen Villa hinaus aufs Meer kombiniert mit den Blutspuren, macht neugierig auf diesen Thriller. Durch die rote Titelschrift fällt es einem direkt ins Auge. Mich hat es angesprochen.

Inhalt:

Die bisher immer beliebte und erfolgreiche Lexi hat in Ed unerwartet ihren Traummann gefunden und will ihn heiraten. Doch zuvor organisiert ihre beste Freundin Bella noch einen Junggesellinnenabschied für sie. Mit dabei ihre gemeinsame Freundin Robyn, Bellas Partnerin Fen, Lexis zukünftige Schwägerin Eleanor und Lexis neue Freundin aus dem Yogakurs Ana. Sie wollen vor allem, dass diese "Hen Party" für Lexi fröhlich und unvergesslich wird. Doch jede der sechs Frauen hat ihr seelisches Gepäck mit dabei, das nach und nach ausgepackt wird. Auf jeden Fall werden diese Tage unvergesslich für Lexi, wenn auch ganz anders als erwartet.

Mein Eindruck:

"Wir waren sechs Frauen, die einen Junggesellinnenabschied feierten, aber wir waren alles andere als eine homogene Gruppe.
[...]
Wir waren alle aus unterschiedlichen Gründen gekommen. Doch eine von uns hatte sich mit einem ganz bestimmten Hintergedanken auf dieses Partywochenende eingelassen.
Dumm nur, dass wir anderen das erst erkannten, als es bereits zu spät war." (S. 22)

Ich hatte noch keinen Roman der Autorin gelesen, aber ich mag Geschichten, bei denen nach und nach die Fassade bröckelt und immer mehr Geheimnisse schließlich zu einem großen Knall am Ende führen. Diesbezüglich wurde ich nicht enttäuscht.
Die Handlung ist in die verschiedenen Tage eingeteilt und wird abwechselnd aus den Perspektiven der sechs Frauen geschildert. Unterbrochen werden diese noch durch die Stimme eines unbekannten Erzählers, der teilweise die Handlung durch geheimnisvolle Beschreibungen andeutet. Dies hat für mich besonders die Spannung gesteigert. In ständiger Erwartung auf das Unglück und weil sich die Beziehungsverflechtungen der Frauen nur schrittweise auflösen, habe ich das Buch in einem Rutsch durchlesen müssen. Vieles, das ich mir durch die Andeutungen anfangs gedacht hatte, wurde dann anders aufgelöst als vermutet.
Ich hatte bei den Frauen keine Favoritin, keine, mit der ich richtig mitgefiebert habe. Beim Lesen habe ich eher gedacht, dass ich froh bin, keine solch typische Frauenfreundschaft zu haben. Hier werden alles Klischees bestätigt und die Figuren orientieren sich stark an Stereotypen. Und last, but not least kommen bei dem Ganzen sehr viele Zufälle zusammen am Ende. Aber letztendlich ist das bei den meisten Kammerspielen so und wenn ich solche Bücher lese, dann genieße ich das Zuspitzen der Situation und das Rätselraten, wer mit wem wie zusammenhängt bzw. eine Beziehung hat/hatte, auch wenn dabei die Glaubwürdigkeit ein wenig auf der Strecke bleibt. Den Roman als Thriller zu bezeichnen, trifft es nicht ganz. Eher als Drama mit Spannungsmomenten.

"Sie schnitt weiter die Melone auf. Das Lustige an Messern war, dass sie in einem Moment ein Küchenwerkzeug und im nächsten eine Waffe sein konnten. Das Messer selbst veränderte sich nicht, nur die Absicht der Person, die es hielt." (S. 255)

Die Intrigen und ihre Auflösung am Ende finde ich geschickt konstruiert und gut erzählt. Und auch einige Monologe über Freundschaft und das Leben waren schon fast philosophisch und gefielen mir sehr. Das Ende ist anders als zu Beginn erwartet und hat mich positiv überrascht. Im letzten Kapitel gibt es noch eine Aussicht auf das Leben der Frauen 16 Monate später. Für meinen Geschmack ist die Auflösung zwar etwas zu harmonisch, aber hat die Handlung für mich rund gemacht.

Fazit:

Spannend erzählter Roman über Frauenfreundschaften, Lügen und Geheimnissen, die sich zu einem Drama zuspitzen