Rezension

Unterhaltsam, glaubhaft, lesenswert

Die Freundinnen vom Strandbad (Die Müggelsee-Saga 1) -

Die Freundinnen vom Strandbad (Die Müggelsee-Saga 1)
von Julie Heiland

Bewertet mit 5 Sternen

Gerade noch rechtzeitig haben Betty, Clara und Martha den schon etwas älteren Horst vor dem Ertrinken gerettet, sie sind „die drei tollen Lebensretterinnen vom Müggelsee“ - dieser heiße Julitag 1956 ist der Beginn ihrer Freundschaft.

Die drei ganz und gar unterschiedlichen jungen Mädchen leben im Berliner Osten. Noch ist es möglich, im Westteil zu arbeiten oder auch heimlich Waren über die Grenze zu schmuggeln. Dennoch hat die Staatssicherheit ihre Ohren überall, keiner kann sich sicher sein, nicht ausspioniert zu werden. Es sind die Jahre vor dem Mauerbau, die damals 13jährigen Mädchen begleite ich bis zu Walter Ulbrichts großer Lüge „niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“ und deren Folgen für sie und ihre Liebsten.

Sehr anschaulich vermittelt Julie Heiland die Lebensverhältnisse in der damaligen DDR. Der familiäre Hintergrund der drei Freundinnen zeigt deutlich auf, ob und wie man in diesem Staat seinen Traum verwirklichen konnte. Etwa die FDJ - formal war die Mitgliedschaft freiwillig, jedoch mussten all die, die sich dem widersetzten, mit Benachteiligungen rechnen. Studieren und ein berufliches Weiterkommen war somit schier unmöglich, die Freie Deutsche Jugend war nur dem Namen nach frei. Die Staatssicherheit, die Stasi, war allgegenwärtig, schon die Kleinsten wurden für Spitzeltätigkeiten missbraucht. So konnte man sich ein Volk der Denunzianten heranziehen, das Unrechtsbewusstsein wurde im Keim erstickt.

Vom Mädchen zur Frau – von 1956 bis hin zum Mauerbau 1961 begleite ich die Betty, Clara und Martha. Sie sind ganz normale Jugendliche mit ihren Zukunftsträumen, der ersten Liebe und den so gegensätzlichen Familienverhältnissen.  

Der Titel und auch das Cover kommen unbeschwert daher, es stecken aber viele Schicksale dahinter. Die drei so unterschiedlichen Freundinnen verkörpern jede für sich einen Frauentyp von eher unselbständig und anhänglich bis absolut selbstbestimmt. Sie leben in einem Staat, der nur jene hochkommen lässt, die nichts hinterfragen, sich linientreu geben.

Ich war zwar nie mittendrin, hab aber den Mauerbau und die Schicksale dahinter vielfach gehört, gesehen, gelesen und werde es immer wieder tun. Nie werde und will ich verstehen, wie man die Freiheit jedes einzelnen derart beschneiden kann, sie eher als nützliches Individuum denn als selbst denkenden Menschen behandelt.

„Wellen des Schicksals“ – der erste Teil um die „Freundinnen vom Strandbad“ habe ich sehr gerne gelesen. Auf unterhaltsame Weise habe ich wie nebenbei einen tiefen Einblick in die Struktur der DDR erhalten. Die Charaktere sind allesamt glaubhaft dargestellt – ein wunderbarer Roman „über Freundschaft, die keine Grenze kennt“, der bald seine Fortsetzung mit den „Wogen der Freiheit“ findet.