Rezension

Schöner Sommerroman

Die Freundinnen vom Strandbad (Die Müggelsee-Saga 1) -

Die Freundinnen vom Strandbad (Die Müggelsee-Saga 1)
von Julie Heiland

Bewertet mit 4.5 Sternen

Pack' die Badehose ein..."

…nein, an den Wannsee fahren wir mit Julie Heiland in ihrem Roman „Die Freundinnen vom Strandbad – Wellen des Schicksals“ nicht, sondern an den Müggelsee. Der Titel des ersten Bandes der Müggelsee-Saga ist gut gewählt, denn das Strandbad ist der Dreh- und Angelpunkt der drei Freundinnen Clara, Martha und Betty.

Wir lernen sie 1956 als 13-jährige kennen, sie leben in Ostberlin. Wir begleiten sie bis 1961, bis kurz nach dem Mauerbau. Die drei Mädchen kommen aus vollkommen unterschiedlichen Elternhäusern und dementsprechend verschieden sind ihre Hoffnungen, Ziele, Träume und auch ihre Lebensauffassungen. Martha stammt aus einem streng regimetreuen Elternhaus, Claras Vater ist eigentlich Pastor, darf aber den Beruf nicht mehr ausüben und verdient nun seinen Lebensunterhalt als Straßenbahnfahrer in Nachtschicht und Bettys Vater betreibt eben das Strandbad, Bettys größter Wunsch ist es, Schauspielerin zu werden.... Und trotzdem (oder gerade deshalb) werden sie „ziemlich beste Freundinnen“ und gehen gemeinsam durch die nächsten Jahre.

Wir erleben den Alltag mit allen Höhen und Tiefen, sorgen uns um Schulprobleme, zittern bei Wissenswettbewerben mit, regen uns über Ungerechtigkeiten auf, nehmen teil am ersten Kuss, der ersten Liebe – bis hin zu einer wirklich sehr gelungenen Beschreibung der Ereignisse um dem 13. August 1961 (Tag des Mauerbaus).

Der Schreibstil der Autorin ist durchgängig flüssig und angenehm, mit gewissen Spannungselementen (ich war manchmal so vertieft, dass ich die Zeit vergessen habe), sie hüpft gewissermaßen mit leichter Feder zwischen den drei Protagonistinnen hin und her, da wir deren Gedanken, Ängste, Freuden immer in einzelnen Kapiteln aus deren jeweiliger Perspektive erfahren. Die unterschiedlichen Charaktere der einzelnen Personen sind gut herausgearbeitet.

Aber die Autorin kann sich steigern: die Beschreibung der Szenen auf dem Berliner Ostbahnhof am Morgen des 13. August 1961 sind eindrucksvoll und berührend beschrieben, so dass ich zwischendurch das Gefühl hatte, selbst auf dem Bahnsteig zu stehen – und keinen Zug fahren zu sehen... Natürlich kennen wir die historischen Ereignisse, aber es ist schon etwas anderes, die Sorgen und Nöte (aber teilweise auch Genugtuung) zu „spüren“...

Es wurde auch durchgängig deutlich, dass die Autorin über diese frühen Jahre der DDR intensiv recherchiert hat – ich bin zwar nicht in der DDR aufgewachsen, aber die Geschwister meiner Eltern lebten dort, so dass ich vieles entweder in frühen Kindertagen selbst erlebt oder aus Berichten kannte.

Aber bei allem Lob für die Autorin muss ich leider bemerken, dass anscheinend das Lektorat nicht sorgfältig gearbeitet hat: es waren einige „Patzer“ enthalten, z.B. dass einmal eine Biografie mit den beschriebenen Daten absolut nicht übereinstimmen konnte, dies nur als „Spitze des Eisberges“... So etwas stört den Lesefluss leider erheblich, da ich als Leserin lange gegrübelt habe, wie die Daten doch evtl. in Einklang zu bringen wären... wirklich schade für dieses Buch!

Es ist ein leichter, locker-flockiger Sommerroman, der die Stimmung sehr gut einfängt – aber wir erfahren quasi „nebenbei“ sehr viel über den damaligen Zeitgeist, über eine Zeit, über die es m: E. noch nicht so sehr viele Bücher gibt.

Also klar eine Leseempfehlung, aber versehen mit einem kleinen Warnhinweis über einige Ungenauigkeiten, die hoffentlich in der zweiten Auflage verbessert werden!