Rezension

Solider Thrillerauftakt

Engelskalt - Samuel Bjørk

Engelskalt
von Samuel Bjørk

Ein fulminantes Thrillerdebüt, das Samuel Bjørk hier vorgelegt hat. Nach einem beschaulichen Anfang nimmt die Handlung ziemlich schnell Fahrt auf und steigert sich in einem steilen Spannungsbogen bis zum finalen Showdown. 

Das Team in seiner kompletten Zusammensetzung hat mir sehr gut gefallen, der Spirit ist auf mich übergesprungen und ich fand es sehr aufregend, wie die Ermittler Hand in Hand arbeiten. Besonders gelungen fand ich die Figur des Gabriel Mørk, der als Neuling und Computerfreak den Ermittlungen immer wieder neuen Drive gibt. 

Dagegen gibts eine Rüge für die beiden Hauptfiguren Holger Munch und Mia Krüger. Irgendwo scheint es ein geheimes Gesetz zu geben, in dem steht, dass skandinavische Ermittler definitiv sucht- und selbstmordgefährdet sein müssen. Hier hat Bjørk ganz tief in die Klischeekiste gegriffen und insbesondere im Fall von Mia hat mich die depressive Aura dieser Figur mit der Zeit nur noch genervt. Holger kommt etwas besser weg, aber auch er ist mit seiner Zigarettensucht und seinem kaputten Privatleben direkt aus dem Kistchen gehüpft. Schade, das gibt leider Punktabzug.

Auch die skandinavische Atmosphäre habe ich etwas vermisst. Anfangs befindet sich Mia noch auf einer einsamen Insel, in diesem Abschnitt kommt wenigstens ein bisschen Skandinavien rüber. Ansonsten hätte der Fall auch in jeder anderen europäischen Stadt passieren können. 

Nichts desto trotz habe ich die Handlung ziemlich atemlos verfolgt, denn wie gesagt, die Themen Tempo und Spannungsaufbau hat der Autor recht gut bearbeitet und damit einen ziemlichen Lesesog bei mir erzeugt. 

Allerdings, so richtig virtuos beherrscht Bjørk seine Handlungsstränge nicht; sie hängen zwar miteinander zusammen und dienen sicherlich dazu, die Leser auf eine falsche Fährte zu führen, scheinen aber ein seltsames Eigenleben zu führen. Außerdem werden für meinen Geschmack zu viele Nebenstränge aufgebaut, die nur dazu dienen, weitere Personen einzuführen und anschließend im Sande zu verlaufen - unnötiger und verwirrender Balast.

Die Auflösung fand ich sehr gelungen und trotz aller Spekulationen hat mich das Ende an einigen Punkten doch überraschen können. Insgesamt also ein solider Auftakt, trotz einiger Mängelchen, und mit dem nordisch-knappen Sprachstil kam ich auch sehr gut zurecht. Ich bin gespannt, ob es weitere Fälle aus der Feder von Samuel Bjørk geben wird und würde es mit Band 2 in jedem Fall wieder versuchen.