Rezension

Naja ...

Engelskalt - Samuel Bjørk

Engelskalt
von Samuel Bjørk

Bewertet mit 3 Sternen

Ein totes Mädchen hängt an einem Baum, auffällig gekleidet und ausstaffiert, kurz darauf wird ein zweites gefunden. Kommissar Holger Munch ahnt, dass ihm schwierige Ermittlungsarbeiten bevorstehen und will Mia Krüger, die für ihren Spürsinn bekannt ist, ins Team zurückholen. Doch die bereitet gerade ihren Selbstmord vor …

Ich mag sie ja, die skandinavischen Krimis/Thriller, und auch dieser hier packte mich zunächst ziemlich schnell, von Anfang an wird viel Wert auf die Charaktere gelegt, bis in die Nebenrollen erhalten wir einen umfassenden Einblick in ihre Gedanken- und Gefühlswelt, so dass der Roman mehr psychologisch als thrillermäßig anmutet. Erzählt wird in vielen verschiedenen Perspektiven, was ich generell sehr mag.

Leider sind mir die meisten Charaktere nicht sehr nahe gekommen. Wirklich sympathisch sind mir nur wenige, allen voran Tobias, ein Junge, der eine größere Rolle spielt, als zunächst erwartet. Auch Gabriel, ein Computernerd, der mit diesem Fall seinen ersten bei der Polizei erhält, mag ich. Holger Munch stehe ich eher neutral gegenüber. Gar keine Beziehung konnte ich zu Mia Kröger aufbauen, ihr angebliches Charisma erschloss sich mir nicht, ihre angeblich so genialen Schlussfolgerungen konnte ich nicht nachvollziehen, sie hatten eher etwas von Hellsichtigkeit als echtem Schlussfolgern.

Die Ermittlungsarbeit spielt eine eher untergeordnete Rolle, wir erfahren kaum, welche Erkenntnisse z. B. die Spurensuche, die Obduktionen oder die Zeugenbefragungen liefern. Das ist ein bisschen schade, aber, gerade, weil es sich um Kindermorde handelt, nicht sehr gravierend, denn so genau will man es hier vielleicht gar nicht wissen.

Für mich immer mehr ein No Go: Jemand aus der Ermittlergruppe wird persönlich in den Fall verstrickt. Ich finde das nur noch ermüdend, für mich ist es ein großer Spannungskiller, vor allem, das man in der Regel genau weiß, dass es gut ausgehen wird. Und so hat auch dieser Roman vor allem deshalb sehr bei mir verloren, zumal auch mich Manches in diesem Zusammenhang sehr konstruiert wirkt.

Vieles an diesem Thriller ist vorhersehbar, die Lösung im Grunde auch, d. h., man ahnt sie schon, bevor sie explizit genannt wird. Auch, inwieweit der zweite Handlungsstrang mit dem ersten zu tun hat, ist mir von Anfang an klar gewesen. Gethrillt hat mich der Roman daher nicht, trotzdem lies er sich recht flott lesen, auch wegen der kurzen Kapitel und der vielen Perspektivewechsel, als spannend empfunden habe ich ihn allerdings nicht. Die Lösung ist ok, für mich etwas an den Haaren herbei gezogen und zu abgedreht (aber für einen Thriller schon passend).

Insgesamt ein durchschnittlicher Roman, der mich zuerst durchaus gepackt, im Laufe des Geschehens aber immer mehr ermüdet hat, Spannung kommt kaum auf, interessant sind eher die einzelnen Charaktere.