Rezension

Spannung pur!

Roter Mond - Benjamin Percy

Roter Mond
von Benjamin Percy

Bewertet mit 4 Sternen

Jeder von uns weiß wohl noch ganz genau, was er damals am 11. September 2001 gemacht hat. Dieser Tag hat sich in unsere Köpfe eingebrannt. Genug Inspiration für Verschwörungen, Film und Bücher gab es dabei alle male. Doch das ganze in einen Urban Fantasy Roman zu wandeln, ist mutig und spannend zu gleich.

Werwölfe leben unter den Menschen, wenn auch mit starken Sanktionen. Sie dürfen sich nicht verwandeln, müssen ein Medikament nehmen, dass sie quasi kontrolliert. Ein Widerstand wehrt sich gegen die Auflagen. Als dann auch noch das amerikanische Militär die Republik der Werwölfe wegen der Uranvorkommen besetzt, kochen die Gefühle über. Rebellen kapern drei Flugzeuge, verwandeln sich und töten alle Passagiere. Plötzlich werden Nachbarn zu Feinden, denn sie könnten Werwölfe sein. Die Regierung sieht keine andere Möglichkeit, als hart gegen die Wandler vorzugehen.

Das Buch ist eine Parabel auf die politische Situation Amerikas im 21. Jahrhundert. Am Anfang habe ich evt gedacht, dass das verdammt mutig sei, sich so einem Thema zu stellen, wenn die Vergleiche so nah liegen. Immerhin haben sich die meisten von uns ja auch Meinungen dazu gebildet. Ich hatte etwas Angst, einen proamerikanischen Text zu lesen, was zum Glück nicht der Fall war. Eher war es sogar etwas kritisch.
Durch verschiedene Handlungsstränge lernt man einzelne Schicksale kennen, die irgendwie davon betroffen sind. Da wäre zum einen der Senator, der hart gegen die Werwölfe vorgehen will, der Junge, der als einziger den Flug mit einer der Unglücksmaschinen überlebt, oder das kleine Mädchen, dessen Eltern von einer Spezialeinheit getötet werden, weil sie Werwölfe sind. Sie alle müssen sich dieser kritischen Situation stellen. Nach und nach verbinden sich ihre Schicksal zu einem Gesamtbild.
Dadurch baut sich sehr schnell eine hohe Spannung für den Leser auf. Man ist nah an ihren Schicksalen dran und sie wachsen einem schnell ans Herz - naja, bis auf Senator ... , der ist nur ein Idiot. Aber gerade die Story von ... und ... bewegt einen sehr. Es geht um Vorurteile, Angst vor dem Fremden und politische Ränke.
Der Stil des Autors ist beängstigend kalt und gut. Die Beschreibungen sind recht drastisch und ohne große Schnörkel, was sie irgendwie noch besser machen. Das verstärkt die packende, dramatische Atmosphäre. Ich fand den Stil anfänglich etwas überrumpelnd, dann aber sehr passend. Schnulziges Drumherum wäre auch zu viel aufgetragen gewesen und hätte wohl die Geschichte kaputt gemacht.
Was mich gestört hat, waren diese Minirückblenden und Gedankensprünge. So erinnern die Charaktere sich immer irgendwas, wenn sie was bestimmtes sehen oder machen. Und diese Gedankengänge waren zu 80% total irrelevant für den Plot oder sogar uninteressant. Darauf hätte ich gerne verzichten können.
Obwohl die Geschichte sehr spannend war, hatte ich das Gefühl, dass ich ewig für das Buch gebraucht habe. Irgendwie kam ich einfach nicht vorwärts, aber ich kann nicht sagen, woran es lag.

Fazit
»Roter Mond« ist ein spannendes Buch, das sich in keine Schublade stecken lässt. Irgendwo zwischen Politthriller, Urban Fantasy, Drama und Gegenwartsliteratur wartet eine genial durchdachte Geschichte, die sich kritisch mit einem wichtigen Thema der aktuellen Geschehnisse befasst. Mich hat diese Parabel überzeugt und vielleicht regt es auch Leser, die sich bisher keine Gedanken zu dem Thema gemacht haben, zum Nachdenken an.
4 von 5 Skulls!