Spannendes Katz- und Mausspiel mit Schwächen zum Ende
Bewertet mit 4 Sternen
Die Welt in der wir leben lässt schon lange keine Anonymität mehr zu. Wir sind gläserner als je zuvor. Mit jedem Schritt, den wir machen, stehen wir unter Beobachtung und geben mehr preis, als uns bewusst ist. Die Datenkraken freuen sich über unsere Naivität. Verkauft wird uns das Ganze als Verbesserung unserer Lebensqualität und zu unserer Sicherheit. Doch inwieweit darf dieser Sicherheitsgedanke in das Leben eines Einzelnen eingreifen? Wie weit stehen wir wirklich unter Beobachtung? Wie schmal ist der Grat zwischen Allgemeinwohl und Überwachungsstaat wirklich? Genau hier setzt „Going Zero“ an.
Cy Baxter, unumstrittener Medienexperte, hat es sich, aus persönlichen Gründen, zur Aufgabe gemacht die Welt zu 100% sicher zu machen. Dafür geht er mit seiner Firma eine Kooperation mit dem FBI, der NSA und CIA ein. Dadurch entsteht eine bisher nie dagewesene Datenbank, um jeden Menschen zu jeder Zeit, an jedem Ort zu finden und jede Handlung vorhersagen zu können. Um zu beweisen, dass sein Fusion-Projekt all dies leisten kann, startet er den Beta-Test zu Going Zero. Die 10 ausgewählten Kandidaten haben die Aufgabe, für 30 Tage unter dem Radar zu bleiben und nicht auffindbar zu sein. Als Belohnung winken 3 Millionen Dollar. Der Bibliothekarin Kaitlyn Day, bekannt als Zero 10, räumt man die wenigsten Erfolgschancen ein. Sie zu unterschätzen war jedoch ein schwerwiegender Fehler und es beginnt ein rasantes Katz- und Mausspiel.
Ich muss ehrlich gesagt zugeben, dass ich selbst Zweifel hatte, wie eine durchschnittliche Frau, wie Kaitlyn, dazu fähig sein soll sich komplett unsichtbar machen zu können. Charakterlich schien sie auch nicht besonders stark zu sein, um diesem Unterfangen gewachsen zu sein. Genau wie Cy Baxter, bin auch ich meinen Vorurteilen erlegen. Sie war so ambivalent in ihrem Verhalten, sodass ich zwar merkte, dass mehr in ihr zu stecken schien, ich aber die ganze Zeit im Dunkeln tappte. Ihre fast schon zu methodische Flucht und inneren Monologe stand schon sehr im Widerspruch zu dem Bild, das man anfangs von ihr bekam.
Ich habe schon einige Romane mit ähnlichem Inhalt gelesen. Dabei passierte mir nur allzu oft, dass mir das Personenregister zu unübersichtlich wurde und ich häufig nicht mehr wusste, wer eigentlich wer ist. Hier erging es mir zum Glück nicht so und ich konnte somit gut der Handlung folgen. Auch fiel mir positiv auf, dass man auch ohne größere Grundkenntnisse den technischen Details folgen kann.
Mir gefiel ebenfalls, dass der Jagd nach den anderen Zeros ebenfalls Raum gegeben wurde. Zero 1 war mir dabei von allen am sympathischsten. Es war echt spannend zu erfahren, mit welch unterschiedlichen Herangehensweisen die Kandidaten sich vor ihren Häschern zu verstecken versuchten. Fusions Jagdmethoden waren dabei ebenfalls einfallsreich wie auch erschreckend. Ich meine, dass mir ein Großteil der eingesetzten Technik schon bekannt war, aber vieles auch ein völlig neues Level an grenzenloser Überwachung bot und meine Vorstellungskraft sprengte. Mit diesem Wissen ihm Hinterkopf, was wirklich möglich sein könnte, könnte man schlicht paranoid werden. Auch, wenn man nichts zu verbergen hat, möchte doch niemand das Gefühl haben auf Schritt und Tritt beobachtet zu werden. Wie weit darf der Wunsch nach Sicherheit gehen? Wer entscheidet was erlaubt ist? Gerade an Cy Baxter lässt sich gut erkennen, dass noch so gute Absichten ganz schnell umschlagen können. Gerade wenn man bedenkt, wie viel Macht sich aus unserer Datenmenge ergibt.
In Bezug auf das Cover bin ich etwas zwiegespalten. Einerseits mochte ich die Idee dahinter, einen Fingerabdruck zu verwenden, der gleichzeitig einem Irrgarten gleicht und einige Blindspots enthält. In meinen Augen ist damit das Thema perfekt getroffen. Nur leider bin ich kein Freund der farblichen Gestaltung.
Die Kapitel sind relativ kurz und in wechselnden Perspektiven geschrieben. Dies gab der Geschichte schon einen gewissen Seriencharakter. Der stetige Countdown sorgte ebenfalls für Spannung. Der Schreibstil war schnörkellos und passte sich der jeweiligen Erzählsicht gut an.
Den Plottwist empfand ich als sehr gelungen und war für mich völlig unerwartet. Zwar brachte er endlich Licht in Dunkel, doch fiel die Spannung danach leider merklich ab. Danach gab es für mich zu viele Zufälle, die irgendwie zu konstruiert wirkten. Der eigentliche Grundgedanke der Geschichte war für mich dann leider dahin.
Trotz der Schwächen zum Ende hin, habe ich mich gut unterhalten gefühlt und gebe eine Leseempfehlung.