Ein Thriller fürs digitale Zeitalter
Bewertet mit 5 Sternen
"Going Zero" von Anthony McCarten ist ein moderner Thriller des digitalen Zeitalzers, der Spannung und einen interessanten Plot mit nachdenkenswertem Stoff verbindet. Es beginnt als Spiel mit großem Einsatz: Im Rahmen eines Projekts, das zugleich der Testfall für eine private-public partnershio zwischen CIA und FBI einerseits und einem gigantischen Cyberunternehmen andererseits ist, sollen zehn Testpersonen 30 Tage lang von der Bildfläche verschwinden. Wer das schafft, ohne von Zugriffsteams, Drohnen oder den Teams des Unternehmers Cy Baxter aufgespürt zu werden, dem oder der winkt ein Preisgeld von drei Millionen Dollar.
Ist Baxter erfolgreich, winkt ihm eine Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden, die ihm Zugriff auf eine Fülle von Daten erlaubt - eine Machtfülle, wie sie ein Privatunternehmer nicht haben sollte? Und können Sicherheitsbehörden die Datentechnik Baxters wirklich nur für das Aufspüren von Terroristen, organisierten Verbrechern usw nutzen? Schon bei dem Gedanken an beide Szenarios kommt Unbehagen auf.
Baxter hat mit Start Up zu sozialen Medien und Netzwerken begonnen, sein Unternehmen ist immer breiter verzahnt und hat Zugang zu den zahllosen Informationen, die Menschen im digitalen Raum hinterlassen, sei es durch die Nutzung von smarter Technologie in Haushalt, Finanzen, Reisen oder Arbeitsleben, sei es durch Aktivitäten beim Browsen, in sozialen Netzwerken, beim großzügigen Umgang mit Cookies und Privatsphäreeinstellungen. Wie sehr diese Informationen dazu helfen können, Menschen individuell zu manipulieren, wird schnell klar - ob es nun Kaufentscheidungen sind oder bei anderen Überlegungen. Und natürlich werden auch die Menschen immer "gläserner" - eigentlich ein Horrorszenario. Baxter hingegen ist überzeugt: Die meisten wollen gar keine Privatsphäre, sie suchen den Ruhm oder die Popularität bei "followern" und digitalen Freunden.
Unter den zehn Testpersonen sind fünf Profis - ein Ex-Marine oder eine Polizistin etwa, aber auch fünf Normalbürger. Ausgerechnet eine Bibliothekarin mit einer Vergangenheit mit psychischen Problemen ist besonders erfolgreich, vom Radar der Häscherteams zu verschwinden, während anderen die digitalen Spuren der Vergangenheit teils sehr schnell zum Verhängnis werden. Dass gerade diese Kandidatin eine ganz eigene Agenda hat, zeigt sich erst in der zweiten Buchhälfte, die auch in die Welt der Geheimdienste, von Staatsraison und Vertuschung führen wird.
Es wird nicht verwundern, dass McCarten im Nachwort höchst kritisch mit "Datenkapitalismus" ins Gericht geht. Beim Lesen wird man schnell nachdenken auch über den eigenen Umgang mit Daten, zu denen Apps oder Netzwerken Zugang gewährt wird - und warum es besser ist, dabei restriktiv vorzugehen. Dieser Thriller überzeugt mit einem Szenario, das bei aller Fiktion plausibel und möglich erscheint, wenn Daten-Macht in die falschen Hände gerät. Unbedingt empfehlenswert.