Rezension

Echter Pageturner

Going Zero -

Going Zero
von Anthony McCarten

          Der Social-Media Mogul Cy Baxter hat vor vielen Jahren seinen besten Freund bei einem Terroranschlag verloren. Mit dessen Schwester, nunmehr Baxters Gefährtin und mindestens ebenso genial, hat er deshalb mit FUSION ein nie dagewesenes Überwachungssystem entwickelt, das nicht nur potenzielle Gefahren hochrechnen, sondern auch jeden Untergetauchten in kurzer Zeit aufspüren kann. 
Die CIA, die nur im Ausland agieren darf, wittert angesichts eines solchen Partners Morgenluft in Sachen Inlandsoperationen und unter dem Deckmantel von Terrorabwehr und nationaler Sicherheit läuft ein Beta-Test im großen Stil an. 
Zehn Personen, vom Geheimdienst sorgfältig ausgewählt, müssen 30 Tage unauffindbar bleiben. Wem es gelingt, der bekommt 3 Millionen Dollar Preisgeld. Siegt das System, winkt Baxter eine überirdisch hohe Summe und dem Staat die totale Überwachung. 
Unter den zehn Auserwählten ist auch die eher mausgraue Bostoner Bibliothekarin Kaitlyn. Als auf ihrem Handy das Signal "Go Zero" erscheint, hat sie zwei Stunden Zeit, um zu verschwinden. Was niemand weiß: Sie ist weder durchschnittlich noch geht es ihr um die drei Millionen. Sie muss ein leben retten und hat nur diese eine Chance. Und die Jagd hat schon begonnen...
"Going Zero" heißt der atemberaubende Thriller von Anthony McCarten, der heute @diogenesverlag erschienen ist. Ein Buch, dem man nicht nur zum Geburtstag, sondern auch zu seinem künftigen Erfolg gratulieren darf, denn es wird mit Sicherheit seine Leserschaft finden. 
Überwachungskapitalismus ist kein neues Thema, auch in der fiktiven Literatur, insbesondere in Form von Dystopien, hat es Hochkonjunktur. Dennoch habe ich selten so realistisch und spannend zugleich darüber gelesen.
 Während Kaitlyns Geschichte den straff gespannten roten Faden der Erzählung bildet, werden wir Zeugen, wie die anderen "Zeros" nacheinander, mit unerbittlicher Effizienz und oft auf wenigen Seiten, hopps genommen werden. Das macht Spaß zu lesen, weil auch sie durchaus findig sind und man sich ständig bei dem Gedankenexperiment ertappt, wie und wo man selbst abtauchen würde.  Andererseits stehen einem die Haare zu Berge, weil es angesichts der völlig aus dem Ruder gelaufenen Überwachung und unterschwelligen Einflussnahme und der digitalen Spuren, die wir ungewollt überall hinterlassen, faktisch kein Entrinnen gibt. 
Gut platzierte Cliffhanger, geschickt gestreute Informationen lassen einen das Buch kaum aus der Hand legen. Es wirkt wie von leichter Hand geschrieben, und trotz tiefgründiger Recherchen des Autors wird die Geschichte nicht mit technischen Fakten oder politischen Traktaten überfrachtet.   Sehr viel Sorgfalt ließ Anthony McCarten auch seinen Charakteren angedeihen. Sie alle sind als nahbare und widersprüchliche Persönlichkeiten gezeichnet, deren Leben am Ende nicht mehr dieselben sind. 
Der Autor hat sich für seinen Roman von der wahren Geschichte eines verschwundenen CIA-Agenten inspirieren lassen.  Er selbst, so viel verrät er im Nachwort, ist bekennender 
Zero und in den sozialen Medien nicht zu finden.