Rezension

Fiktive Geschichte mit einem realen Hintergrund, die eine plausible Lösung für das mysteriöse Verschwinden Agatha Christies im Jahr 1926 liefert.

Mrs Agatha Christie -

Mrs Agatha Christie
von Marie Benedict

Bewertet mit 3.5 Sternen

Im Dezember 1926 verschwindet die Schriftstellerin Agatha Christie spurlos. Sie lässt ihren Ehemann Archibald, der das Wochenende bei Bekannten zum Golfen verbrachte, und ihre siebenjährige Tochter Rosalind zurück. Auf der Suche nach Agatha wird am nächsten Tag ihr Auto am Ufer eines Teiches, den für Selbstmörder berüchtigten "Silent Pool", gefunden. Ihre Wertsachen hat sie darin zurückgelassen. Im Zuge der Ermittlungen gerät Archie, der sich zwar zunächst an der Suche nach seiner Frau beteiligte und sich sorgenvoll gab, in Verdacht etwas mit dem Verschwinden zu tun zu haben. 

Der Roman beruht auf einer wahren Begebenheit, denn die bekannte britische Autorin von Kriminalromanen und Detektivgeschichten war tatsächlich im Dezember 1926 für elf Tage verschwunden. Nachdem man sie in einem Hotel gefunden hatte, wurde gegenüber der Presse eine Erkrankung als Ursache für ihre Abwesenheit erklärt. Agatha Christie hat sich selbst nie zu den Beweggründen geäußert. 
Die Geschichte von Marie Benedict versucht eine plausible Erklärung zu finden, indem sie auf die Ehejahre von Agatha und Archibald Christie zurückblickt. 

Der Roman wird abwechselnd aus der Perspektive von Agatha und Archie erzählt. Während Agatha in Form eines Manuskripts den Zeitraum von 1912 bis 1926 - vom Kennenlernen ihres Ehemannes bis zu ihrem Verschwinden - schildert, wird die Suche nach Agatha aus Archies Sicht von 3. bis 14. Dezember 1926 beschrieben. 

Nach einer euphorischen Anfangsphase eines frisch verliebten Paares und einer Heirat im Jahr 1914, auf die vor allem Archie drängte, hat der Große Krieg Spuren hinterlassen. Als Kriegsveteran ist Archie nicht mehr derselbe wie vor der Ehe. Das Zusammenleben der beiden ist angespannt. Agatha bemüht sich vergebens, eine perfekte Ehefrau zu sein, wie es die damalige Zeit vorgab und kämpft um ihre Ehe. Ihre Leidenschaft galt dem Schreiben und der Erfindung rätselhafter Detektivgeschichten. Die beiden entfremden sich zunehmend voneinander und Archie blickt nur noch herablassend auf seine Ehefrau herab. 
Nach dem Verschwinden Agathas erscheint Archie undurchsichtig und scheint etwas zu verbergen zu haben. Gegenüber der Polizei ist er während der Suche nicht ganz ehrlich und hält vor allem mit einem Brief hinter dem Berg, den er kurz vor ihrem Verschwinden von Agatha erhalten hatte. 

Die Geschichte liest sich spannend, insbesondere da das Mysterium um das Verschwinden der Erfolgsautorin in jungen Jahren nie ganz aufgeklärt wurde, auch wenn der/ dem Leser*in bewusst sein muss, dass es sich nicht um ein Tötungsdelikt handelt oder Agatha freiwillig aus dem Leben geschieden ist. Fraglich ist nicht, ob Agatha noch lebt oder wo sie sich versteckt hält, sondern ihre Motivation und die Rolle ihres Ehemanns, der sich auffällig verdächtig verhält. 
Marie Benedict liefert am Ende eine schlüssige und für die/ den Leser*in zufriedenstellende Erklärung, die mehr als nur Spekulation ist und raffinierte Parallelen zu den Geschichtrn einer der größten Schriftstellerin aller Zeiten aufweist. 
Es ist kein biografischer Roman, sondern eine fiktive Geschichte mit einem realen Hintergrund, der als Befreiungsschlag und süße Rache an ihrem eiskalten Ehemann gewertet werden kann, aber auch die Geschichte einer verzweifelten und verletzten Ehefrau ist. Sie macht die bekannte Schriftstellerin nahbar und wirft einen sehr persönlichen Blick auf sie und ist durch die anschauliche Aufarbeitung dieses prägenden Zeitabschnitts ihres Lebens nicht nur für Freunde der Schöpferin von Hercule Poirot und Miss Marple zu empfehlen.