Rezension

Allein, allein. Allein, allein.

Allein
von Daniel Schreiber

Bewertet mit 3 Sternen

Um Sachtexte gehe ich in der Buchhandlung eigentlich immer einen Bogen. Ich möchte mich in Geschichten vor allem verlieren und in fremde Welten oder das Leben anderer eintauchen. Da bin ich in der Belletristik oder Fantasyabteilung besser aufgehoben. Doch Daniel Schreibers Buch hat mich angesprochen. Allein. Da steckt so viel drin in diesem Wort. Jeder kennt es und jeder hat mit diesem Gefühl auf die ein oder andere Weise umgehen müssen. Allein kann ein Stigma sein. Ein Tabu. Ein Wunsch. Eine Furcht. Eine Sorge. Ein Leben.

Daniel Schreiber setzt sich mit dem Wort und seinem Leben auseinander. Dabei sieht er sich auch in der Zeitgeschichte um und fasst zusammen, was Künstler, Literaten, Philosophen und Wissenschaftler verschiedener Zeiten zum Thema in Worte gefasst haben. Schreiber lebt selbst allein und meint mit diesem Zustand eigentlich eine gute Vereinbarung getroffen zu haben. Doch als im Frühjahr 2020 die Welt durch ein gekröntes Virus ins Trudeln gerät, wankt auch sein Status Quo und allein heißt plötzlich richtig allein zu sein. Daniel Schreiber teilt seine Gedanken zum Thema Freundschaft und Familie mit uns. Zu den verschiedenen Lebensmodellen, die wir in unserer westlichen Welt entwerfen und die irgendwie immer andere Gruppen ausschließt. Er wandert unausweichlich in ein finsteres Tal und wird ganz neu mit dem Alleinsein und der Einsamkeit konfrontiert. Es ist schwer, ihm dabei zur Seite zu stehen, denn die Gedanken streifen durch das eigene Befinden, versuchen sich abzugrenzen oder Gemeinsamkeiten zu finden. Wie kleine Oasen nehmen sich die Textstellen aus, in der Schreiber die Ideen der Gelehrten einbindet. So schafft er auch immer wieder Abstand zu seinen eigenen Erfahrungen und gibt mir Leser Raum, meine eigenen Ansichten zu entwickeln. „Allein“ ist keine Rechtfertigungsschrift für den Dauersingle, aber auch kein Trotzbuch gegen die heilige Familie. „Allein“ ist auch kein Trostbuch, obwohl Schreiber allein den Weg aus seinem finsteren Tal herausfindet. Es ist ein kluges, persönliches Erzählen über einen Zustand im Allgemeinen und im Besonderen.