Rezension

Kein Plädoyer fürs Alleinsein

Allein
von Daniel Schreiber

Bewertet mit 1.5 Sternen

Was hat Corona mit uns gemacht? Daniel Schreiber schildert in seinem Buch „Allein“ wie die Corona-Zeit mit all ihren Einschränkungen ihn zum Nachdenken über das Alleinsein gebracht hat. Ein Nachdenken, das er mit seinen Lesern nun teilt. 

Denn – das muss vorab gesagt sein! – mehr als ein Nachdenken ist Daniel Schreibers Buch nicht. Es ist kein thesenhaftes Plädoyer für das Alleinsein, keine empathische Streitschrift, kein „Empört euch!“. Am ehesten wirkt das Buch wie der Versuch einer Selbsttherapie. Dass die Therapeuten, die herangezogen werden, Philosophen, Psychologen und Soziologen sind, gehört zur Besonderheit dieses Buches. 

Was hat Corona mit Daniel Schreiber gemacht? Es hat ihn auf sich selbst zurückgeworfen, Freundschaften waren plötzlich ausgesetzt, weil jeder mit sich selbst zu tun hatte, berufliche Unsicherheiten wuchsen, ein spürbarer Sinnverlust durch das „Ineinanderfallen der Zeit“ entstand. 

Daniel Schreiber schreibt zu Beginn seines Buches, allein zu leben sei keine bewusste Entscheidung von ihm gewesen. Wer somit ein Plädoyer für das Allein-Leben erwartet, wird enttäuscht. Vielmehr ist „Allein“ ein Buch, das über weite Strecken biographische Selbstanalyse und -therapie präsentiert, den Versuch, sich selbst aus der Depression zu befreien.

Als Alternative wird in der ersten Hälfte des Buches die Möglichkeit, statt in einer Beziehung in Freundschaften zu leben, diskutiert. Der Autor geht dabei immer von seinen eigenen Erfahrungen aus, sodass man bald den Eindruck hat, dass das Buch auf der Stelle tritt. Da ein argumentativer Schreibstil durch diesen Zugang vermieden wird, muss man sich schon sehr für die literarischen Bezüge interessieren, um dem Kreisen ums selbe Thema gespannt zu folgen. Irgendwann hat man den Eindruck, das Ganze schon einmal gehört zu haben. Nur ist es dieses Mal eben mit einem anderen literarischen Verweis versehen. Hinzu kommen recht zusammenhangslos biographische Überlegungen wie etwa zum Gefühl, nicht liebenswert zu sein, Stricken als Selbsttherapie oder zum Umgang mit dem Tod eines Freundes. 

Ich habe von dem Buch etwas anderes erwartet: ein provokatives Plädoyer dafür, allein zu leben. Aber auch als literarisches Essay hat mich das Buch nicht überzeugt.