Rezension

Interessant, aber hat bei mir keinen Nerv getroffen

Allein
von Daniel Schreiber

Bewertet mit 3 Sternen

Um es vorweg zu nehmen, ich bin nicht einsam und auch nicht allein, beides eigentlich auch noch nie gewesen, trotzdem oder vielleicht gerade deshalb, hat mich das Thema dieses Buches interessiert. Obwohl ich ohne konkrete Erwartungen herangegangen bin, war ich dann doch ein bisschen enttäuscht. Vermutlich hätte ich den Klappentext genauer studieren sollen, denn zumindest jetzt, im Nachhinein, muss ich zugeben, dass dort recht gut zusammengefasst wird, welche Schwerpunkte der Autor setzt.

Daniel Schreiber und seine Lebensumstände waren mir bis dato völlig unbekannt und die Offenheit, mit der er über seine persönliche Situation schreibt, hat mich erstaunt und dabei ein gewisses Mitgefühl für seine vielfältigen, wohl in erster Linie psychischen, in ihm selbst liegenden Probleme hervorgerufen. Ich bewundere seine sprachliche Virtuosität und Eloquenz, nur kommt diese mir ein wenig zu kunstvoll-intellektuell daher um mich wirklich zu berühren. Die Mischung von Persönlich-Biografischem und wissenschaftlich theoretisierenden Ansätzen mag ein interessantes Stilmittel sein, war aber nicht nach meinem Geschmack, wobei mich besonders die Vielzahl von Bezugnahmen auf andere Autoren und Zitate aus deren Werken gestört und aus dem Lesefluss gebracht hat. Das empfand ich als anstrengend, ebenso wie die (in meinen Augen) übermäßige Benutzung von wenig gebräuchlichen Fremdwörtern. Insgesamt werden mir hier zu viele Dinge zerpflückt und wissenschaftlich untersucht, die für mich selbstverständlich zu einem Leben gehören und eben „gelebt“ werden müssen. Das ist allerdings mein subjektives Empfinden, ich könnte mir vorstellen, dass Menschen, die die Nöte des Autors teilen oder sich da besser einfühlen können, das anders wahrnehmen.

Über weite Strecken kreist der Autor sehr um sich selbst und seine Befindlichkeit(en), weitet aber auch immer wieder mal den Blick auf umfassendere gesellschaftliche und/oder zukunftsbezogene Probleme, was bei mir positiv zu Buche geschlagen ist. Am Ende habe ich den Eindruck mitgenommen, dass er das Buch in erster Linie für sich selbst geschrieben hat. Als eine Art der Verarbeitung seiner Situation in Vergangenheit und Gegenwart, und auch um neue Perspektiven für sein Leben zu finden. Vielleicht hat ihm die Übertragung auf eine abstraktere, wissenschaftlichere Ebene dabei geholfen.