Rezension

Kalt, Frau Kommissar, ganz kalt!

Die Kälte in dir - Oliver Kern

Die Kälte in dir
von Oliver Kern

Bewertet mit 2.5 Sternen

Eine seltsame Krankheit treibt einen seltsamen Mörder zu seltsamen Morden könnte man als Pitch zu diesem Thriller formulieren. Natürlich ist damit nicht alles gesagt, denn unser Serienkiller erscheint im ersten Moment als ziemlicher Rassist: Mordet er doch fröhlich lauter Leute, die ziemlich dick sind. Doch es gibt noch mehr Gemeinsamkeiten zwischen all den Opfern, und die Polizei hat ziemliche Probleme, diese Gemeinsamkeiten zu entdecken. Die Polizei ist in dem Fall Kristina Reitmeier, Kommissarin, welche die nächsten Monate zu Fuß unterwegs sein wird, weil sie in ihrer Coolness ziemlich oft vergisst, dass Raserei nicht cool ist und auch von den Kollegen nicht als cool angesehen wird. Ihr zur Seite wird der 11 Jahre jüngere Daniel Wolf gestellt, ein naiver Kommissaranwärter, der möglicherweise längste Zeit ein Kommissaranwärter gewesen sein wird, wenn die Anhörung, die er seiner Naivität zu verdanken hat, negativ ausgeht. Als Strafe darf er Kommissarin Wolf als Chauffeur und Fußabtreter und in einem Fall als Bettwärmer dienen. Nicht, dass es ihn stört, er zeigt öfter masochistische Tendenzen.

Dieses ungewöhnliche Team wird innerhalb kürzester Zeit mit Morden im Tagestakt konfrontiert, die sogar soweit gehen, dass einer ihrer Kollegen dran glauben muss, und noch immer gibt es keinen vernünftigen Hinweis. Das BKA mischt sich ein und übernimmt die Ermittlung; leider gehen sowohl Wolf als auch Reitmeier lieber ihre eigenen Wege. Nicht einmal, nicht zweimal, sondern ständig.

Das ist eigentlich auch das, was ich diesem Buch am meisten vorwerfe: die Unprofessionalität der Hauptprotagonisten. Stets und ständig ignorieren sie direkte Anweisungen, "vergessen" das Team aus BKA-Leuten und ihren eigenen mit ihren Erkenntnissen vertraut zu machen und bringen nicht nur sich selbst dadurch regelmäßig in Gefahr und den Leser an den Rand der Verzweiflung.

Gegen den Schreibstil selbst kann ich nichts einwenden, er ist sehr routiniert und gut zu lesen. (Lediglich das Wort "raunen" wird inflationär und an meiner Meinung nach unpassenden Stellen verwendet.) Der Fall ist spannend und könnte Spaß machen, weil er mal nicht so 08/15 daherkommt, aber für mich haben es glasklar die Protagonisten abgewertet. Am sympathischsten war mir noch der Finne von der Kriminaltechnik und die Gerichtsmedizinerin (und in ihrem Fall war es so, dass sie mir sympathisch war, weil die mir unsympathische Kommissarin sie nicht mochte). Auch hat mich der Twist am Ende (der Mörder war zwar der Mörder, aber er hatte Hilfe) nicht überzeugt, das hatte was von dem berühmten Kaninchen, das mal noch fix aus dem Hut gezogen wird, um die Leute zum Staunen zu bringen.

Fazit: Solide, aber nicht überragend, und eher für Leute geeignet, denen der Fall wichtiger ist als sympathische Hauptprotagonisten.