Rezension

Die Welt ist wunderschön

Ein Laden, der Glück verkauft - Beth Hoffman

Ein Laden, der Glück verkauft
von Beth Hoffman

Bewertet mit 5 Sternen

„Das stimmt nicht, Mama. Die Welt ist wunderschön. Du bist nur so damit beschäftigt, ständig von allem enttäuscht zu sein, dass du das gar nicht mitbekommst.“

Die junge Teddi wächst auf einer Farm in Kentucky auf. Schon früh entdeckt sie, dass sie eine große handwerkliche Geschicklichkeit hat. Sie liebt es, alte Möbel, die andere Menschen weggeschmissen haben, wieder herzurichten und wunderschön aussehen zu lassen. Als sie älter wird, entsteht daraus ihr Zukunftswunsch: Sie möchte Möbel bearbeiten und später mal ihren eigenen Antiquitätenladen besitzen. Verständnis findet sie nur bei ihrem Vater. Ihre Mutter hingegen ist davon überzeugt, dass Teddis Pläne zum Scheitern verurteilt sind und drängt sie, „etwas Vernünftiges“ zu machen. Doch Teddi ist nicht gewillt, ihre Träume zu begraben und verlässt ihr Zuhause. In Charleston beginnt sie ein neues Leben, in dem vieles glücken wird. Doch die Beziehung zu ihrer Mutter bleibt angespannt und dann ist da auch noch ihr kleiner Bruder – ein ganz besonderer Junge…

 

Dieses Buch hätte ich im Laden vermutlich nicht mitgenommen. Vermutlich hätte ich es mir nicht mal näher angeschaut. Die Blumen wären ja noch gegangen, aber den Titel finde ich persönlich ganz schön gruselig. Der Originaltitel lautet: „Looking for me“ und ist in meinen Augen ein sehr viel zutreffenderer Titel für dieses Buch! Ich bin jedenfalls sehr froh, dass ich mir trotzdem die Leseprobe angeschaut hatte, sonst wäre mir dieses wundervolle Buch wohl entgangen.

 

Lösen wir uns also mal von dem Titel. Denn sicherlich spielt der Antiquitätenladen eine nicht unerhebliche Rolle, aber nur, weil er Teddi ermöglicht, eine Arbeit zu tun, die sie wirklich liebt. Zugegebenermaßen fand ich es aber sehr interessant, mit welcher Begeisterung sie an alte, total heruntergekommene Möbelstücke herangehen und mit welcher Kreativität sie daraus regelrechte Kunststücke entstehen lassen konnte.

 

Ein ganz wichtiger Punkt im Buch ist die Mutter-Tochter-Beziehung. Die beiden Frauen scheinen nichts gemein zu haben, unschöne Erinnerungen belasten das Verhältnis. Noch als erwachsene Frau kämpft Teddi um Anerkennung und Verständnis. Immer wieder fragt sie sich, wie ihre Mutter nur ein so negativ denkender Mensch werden konnte.

„Warum warst du nur immer so unglücklich? Was hat dich so werden lassen?“

 

Und dann die Beziehung zu ihrem kleinen Bruder Josh! Von Anfang an liebte sie ihn und passte auf ihn auf. Die kleinen Episoden, die das Miteinander der beiden schildern, gehen richtig ans Herz. Umso mehr, als ausgerechnet Josh Teddi den größten Kummer bereiten wird. Schon früh erfährt der Leser, dass irgendetwas mit ihm geschehen sein muss. Auf die Auflösung muss man allerdings beinahe bis zum Schluss warten. Ein Grund, warum ich das Buch gegen Ende hin gar nicht mehr aus der Hand legen mochte.

 

So ist also außerdem für Spannung gesorgt (was ich nach dem Titel nicht vermutet hätte). Die diversen zwischenmenschlichen Probleme sind so eindringlich beschrieben, dass ich mich Teddi stets nah fühlte. Ohnehin war sie mir durch und durch sympathisch, sogar so sehr, dass ich mich über die irgendwann noch hinzukommende Liebesgeschichte freute ;-)

 

Man mag dieses Buch auch als Mutmacher verstehen. Teddi hört meist auf ihr Bauchgefühl – und liegt damit häufig richtig. Vielleicht sollte man hin und wieder doch etwas mehr wagen.

 

Lebendig geschrieben, mit viel Gefühl und mit Liebe zur Natur. Ein Buch, das mich beim Lesen fesselte und das ich am Ende mit einem glücklichen Gefühl im Bauch zuklappte. Wunderschön.

 

„Auf dem Rückweg nach Hause fiel mir ein, dass ich immer gedacht hatte, im Leben eines Menschen ließe sich genau ein Moment bestimmen, in dem er oder sie erwachsen wurde. Ich war immer überzeugt davon gewesen, dass dies bei mir im Alter von achtzehn Jahren geschehen war, in dem Moment, als ich die Handbremse löste und in dem alten Ford Falcon vom Hof meiner Eltern rollte. Aber vielleicht gab es auch gar nicht nur den einen Moment im Leben, in dem man das eigene Schicksal in der Hand hatte, sondern mehrere – man musste sie nur wahrnehmen.“