Rezension

Lesenswerte Fortsetzung mit atemberaubendem Finale

Die Früchte, die man erntet -

Die Früchte, die man erntet
von Michael Hjorth

Bewertet mit 4 Sternen

„Er hatte nicht alles zerstört. Doch das war reines Glück gewesen, und deshalb hatte er beschlossen, sein Leben von Grund auf zu ändern.“

Drei Jahre mussten sich die Fans gedulden, jetzt ist endlich die langersehnte Fortsetzung der Reihe erschienen. Und die bietet allerhand Zündstoff: Ein Heckenschütze hält die schwedische Kleinstadt Karlshamn in Atem, schon drei Opfer wurden hinterrücks erschossen. Vanja hat bei der Reichsmordkommission Torkels Nachfolge angetreten und ist somit für die Ermittlungen verantwortlich. Ihr Vater Sebastian Bergmann unterstützt sie privat und kümmert sich liebevoll um seine Enkelin Amanda. Sebastian arbeitet mittlerweile als Therapeut, sein neuer Patient, der Australier Tim Cunningham stellt ihn vor eine große Herausforderung. Billy, Vanjas Kollege und bester Freund, wird bald Vater und freut sich sehr darauf. Doch dann holt ihn seine Vergangenheit wieder ein und all sein Glück droht zusammenzubrechen. Billy will das um jeden Preis verhindern.

 

Die Autoren Michael Hjorth und Hans Rosenfeld schreiben flüssig und klar in kurzen Kapiteln. Auch wenn seit dem letzten Band der Reihe eine längere Zeit vergangen ist, war ich dank des unkomplizierten, angenehmen Sprachstils sofort „drin“ im aktuellen Geschehen. Abwechslungsreich wird die Geschichte vor allem durch die ständigen Perspektiv- und Schauplatzwechsel, verschiedene Handlungsstränge werden immer weiter gesponnen und schließlich zusammengeführt.

 

Sebastian Bergmann, so unangenehm wie er oft sein mag, ist eine meiner literarischen Lieblingsfiguren. Er ist durch schlimme persönliche Erfahrungen, den Verlust seiner Frau und seiner Tochter, zu einem gebrochenem Mann geworden. Sebastian verhielt sich in der Vergangenheit häufig wie ein rücksichtsloses, manipulatives Ekel. Doch in diesem neuesten Band wirkt er „zahm“, fast geläutert, scheint mit seinem aktuellen Leben zufrieden. Er lebt nun mit Ursula zusammen, die in Vanjas Team arbeitet, und darf seine Enkelin Amanda regelmäßig treffen, was ihn glücklich macht. Doch ihm droht in Gestalt verschiedener Personen große Gefahr. Dass die Beziehungen der Figuren sich mit jeder Fortsetzung verändern, man beim Lesen die Charaktere immer besser kennenlernt, ihre Geschichten kontinuierlich weitergeführt werden, gefällt mir sehr gut. Ich habe mir im Verlauf der Reihe von den verschiedenen Figuren ein ausführliches Bild machen können. In diesem Band scheinen alle Charaktere, auch Sebastian etwas weniger komplex und tiefgründig und nicht mehr ganz so sorgfältig ausgearbeitet. Auch wenn es in der Reihe für mich keine absoluten Sympathieträger gibt - alle Figuren haben ihre Ecken und Kanten - bin ich von den Figuren dennoch gefesselt. Ich möchte unbedingt wissen, wie es für jeden einzelnen weitergeht. Keiner der Mitwirkenden kann sich in dieser Reihe sicher fühlen, alle bewegen sich auf dünnem Eis, sind verwundbar.

 

„Die Früchte, die man erntet“ ist sehr ungewöhnlich aufgebaut. Der Anfang und der Mittelteil lesen sich zwar kurzweilig und flüssig, aber im Vergleich zu den früheren Büchern fast „gemächlich“. Nach der Auflösung des dramatischen, aber wenig rätselhaften Heckenschützenfalls, bei dem der Täter recht bald bekannt ist, geht es erst richtig los. Der Krimi macht eine absolut erstaunliche Wendung, die Handlung nimmt enormes Tempo auf, steigert sich zum Finale noch einmal fulminant. Die letzten Seiten hatten auf mich eine extreme Sogwirkung, das Ende markiert ein „doppelter“ Cliffhanger, der dem aus dem letzten Band in nichts nachsteht. Einen Aspekt der Handlung empfand ich bis jetzt als nicht ganz nachvollziehbar, aber ich kann die Erklärung im nächsten Band kaum abwarten. Hoffentlich dauert es nicht erneut drei Jahre bis zur Auflösung. Ich bin auch nach dem neuesten Band, der meine Erwartungen durchaus erfüllt hat, mich gut unterhalten hat und eine zum Ende hin unfassbar aufregende, wahnsinnig fesselnde Geschichte erzählt, weiterhin ein großer Fan der Reihe. Neulinge sollten meiner Meinung nach allerdings mit dem ersten Band beginnen, um die Entwicklung der Figuren vollständig zu erfassen und die Geschehnisse besser einordnen zu können.