Rezension

Lebendige Reise nach Jerusalem

Krone des Himmels
von Juliane Stadler

Bewertet mit 4 Sternen

Der 3. Kreuzzug beginnt und viele Christen brechen auf, um die Heilige Stätte Jerusalem zurückzuerobern. Dabei sind auch Ava und Étienne, die beide ein besonderes Schicksal haben...

In diesem Buch wird der historische Dritte Kreuzzug von 1189 bis 1193 beschrieben. Es war der große Religionskrieg, bei dem es um die Vorherrschaft bzw. den Besitz Jerusalems ging. 1189 ist Jerusalem an die Sarazenen (Muslime) gefallen. Dies ließen sich die Christen nicht gefallen und brachen mit einem großen Herr Richtung Osten auf.

Die Autorin beschreibt die historischen Fakten sehr anschaulich und aus verschiedenen Perspektiven, interpretiert aber nicht zu viel hinein und schmückt die historischen Fakten auch nicht aus. SIe legt viel Wert darauf, ein realistisches Bild zu zeigen. Denn im Mittelalter gab es nicht nur den brutalen Krieg um Akkon, der Seestadt, die als Tor ins Heilige Land galt und somit zu Jerusalem... Viel mehr war es der zentrale Ort, wo Multireligiösität und Multikulturalität miteinander gelebt wurden. Und das kommt hier ebenfalls im Buch immer wieder durch. Was mir sehr wichtig war und gefällt.

Zur fiktiven Geschichte: Ètienne, ein Adelsspross, ist mit einem Hinkebein geboren und gilt als von Gottesstrafe. Krankheiten galten als Strafe Gottes. Hier als Bestrafung von Étienes Vater. Der Protagonist erfährt somit alle Härte der Familie. Eine Zukunft hat er nur, wenn er das Elternhaus verlässt. Der Kreuzzug bietet ihm eine Chance, etwas zu erreichen.

Aveline wurde von einem gewalttätigen Ritter, einem Tier, vergewaltigt und hat ihr Neugeborenes alleine im Wald zurückgelassen. Sie fühlt sich einer Todsünde verantwortlich und will nach Jerusalem pilgern, um dort Gnade zu erlangen. 

Beide Figuren haben ein schweres Schicksal und sind doch so mutig und machen sich auf den Weg. Ètienne hat das Glück von einem Medizinmann aufgefunden zu werden, der ihm all sein Können lehrt. Es ist sehr spannend beschrieben, welche medizinischen Kenntnisse es im Mittelalter schon gab, welche Kräuter angerührt oder wie Wunden operiert worden sind.

Aveline trifft auf eine Pilgergruppe, die sich dem Kreuzzug angeschlossen hat und als Gotteskrieger helfen will. Doch als sie Vertrauen fasst und sich verliebt, widerfährt ihr erneut ein schweres Schicksal. Und am Ende muss sie als tapfere Bogenschützin in Männerkleidung im Heer ihres Peinigers kämpfen. Ständig ist sie der Gefahr ausgesetzt, entdeckt zu werden. Durch sie erfahren wir viel von den Schlachten und Kämpfen. Die Autorin beschreibt die Szenen so, als wäre man live dabei. Sie vergisst aber auch nicht, die Schönheit der Gottesschöpfung miteinzubeziehen und zu zeigen, wie klein der Mensch eigentlich im Gegensatz zu dieser ist und dass er die Gottesfürchtigkeit verloren hat.

Als Aveline, Avery als Mann, verletzt wird, trifft sie schließlich auf Ètienne und beide schreiten den letzten Weg gemeinsam in Freundschaft voran. Immer wieder sind sie beide der Gefahr ausgesetzt von Avas Peiniger Coltaire entdeckt zu werden und dies mit dem Tod bezahlen zu müssen. Coltaire hasst den Medizinmann Caspar und seinen Helfer, seitdem diese seinem Pferd nicht geholfen haben, was daraufhin verstarb. Und Frauen in Männerkleidung sind sowieso verboten.

Als die beiden christlichen Heerführer Friedrich und Friedrich umkommen, droht der Kreuzzug langsam zu scheitern... doch Ava gibt nicht auf, so oder so muss sie nach Jerusalem, um für drei Seelen zu beten.

Das Besondere in diesem Buch ist, dass auch immer wieder die sarazenische Seite eingenommen wird. Es wird aus Akkon berichtet. Der Sultan Saladin und der Stadtvorsteher Karakush scheinen eigentlich ganz in Ordnung und tolerant zu sein. Erst spät greifen sie an. Vom Schicksal des Volks erfährt man nicht so viel, was aber schön gewesen wäre. Jedoch gibt es einige gastfreundschaftliche Szenen zwischen Christen und Muslimen, eine Art Frieden in kampflosen Zeiten.

Insgesamt ist dieser Roman sehr lebendig und zeigt den Religionskrieg aus verschiedenen Blickwinkeln. Es geht nicht nur um die Kämpfe, sondern auch um den multikulturellen Austausch zwischen Völkern mit unterschiedlichem Glauben, die mehr Gemeinsamkeiten haben, als die meisten Menschen heute wissen. Zudem gibt es die Schicksalsgeschichte der beiden Protagonisten, die aus unterschiedlichen Gründen mit dem Kreuzzug nach Jerusalem ziehen. Man erfährt viel über medizinisches Wissen der Zeit. Und natürlich geht es hier auch um Liebe und Leid. - In den Buchklappen gibt es zudem zwei Karten, die die Wege der Kreuzritter zeigen und einen Stadtplan Akkons. Auch ein Glossar und eine Personenregister sind sehr hilfreich.