Rezension

Die Suche nach dem Glück - bei mir hat das nicht so ganz funktioniert

Die Sache mit dem Glück
von Matthew Quick

Bewertet mit 3.5 Sternen

Bartholomew Neil ist 39 Jahre alt, hat noch nie gearbeitet und auch keine Freunde (außer einem Priester und seiner Mom) - sein Lebensinhalt ist es, sich um seine Mutter zu kümmern. Diese ist an Krebs erkrankt und erliegt diesem Leiden schließlich. So gerät von einem Tag auf den anderen Bartholomews Leben völlig aus den Fugen und er weiß nicht wie es weitergehen soll - bis er in einer Schublade seiner Mutter einen Brief der Hilfsorganisation (International Campaign for Tibet) Richard Geres findet. Er glaubt, dass seiner Mutter dieser Brief und Richard Gere selbst sehr wichtig waren und beschließt deshalb selbst Briefe an den Schauspieler zu schreiben. Briefe, die eine Brücke zu seinem Neuanfang schlagen sollen.

Gestaltung, Stil, Leseeindruck:

Ein magenta farbenes Cover, buntes Konfetti, eine Sonne und verspielte, kindliche Schrift - jawohl es handelt sich um ein Feelgood-Buch und ich war sehr gespannt, ob der Inhalt der Aufmachung gerecht werden würde. Vom Autor selbst hatte ich noch nichts gelesen und bin ganz unvoreingenommen an die Geschichte gegangen. Der Originaltitel " The good luck of right now" passt meines Erachtens deutlich besser aber mit der Übersetzung lässt sich auch ganz gut leben.

Seine Story erzählt Quick im Briefstil, die allesamt von Bartholomew an Richard Gere geschrieben sind. Der Leser weiß weder wann Bartholomew diese Briefe schreibt, noch ob er sie abschickt oder sie ihren Adressaten erreichen. Und so liest man voll freudiger Erwartung einen Brief nach dem anderen, um mehr über Bartholomew zu erfahren. Die Seiten fliegen dahin, der Schreibstil ist flüssig und sehr einfach gehalten, es gibt viele Zitate des Dalai Lama, die natürlich wunderbar philosophisch anmuten und doch hatte ich ständig das Gefühl, dass etwas fehlt. Wer ist Bartholomew und was stimmt nicht mit ihm? Diese Frage geisterte mir ständig im Kopf herum und die Antwort verweigert Quick mir leider.
Im Mittelteil des Buches fehlte mir die Motivation weiterzulesen, was für mich einem Einbruch des Spannungsbogens gleichkam.

Ein paar Worte zu den Charakteren. Der Protagonist Bartholomew ist ein korpulenter Enddreißiger, der ein wenig "zurückgeblieben" scheint. Er ist ein liebenswürdiger und sehr empathischer Mann, der hilfsbereit ist und sich nach Liebe und Geborgenheit sehnt. Durch seine Empathie und Hilfsbereitschaft wirkt er nicht selten ein wenig entrückt von dieser Welt, beinahe schon klug und mit prophetischen Zügen gesegnet. Andererseits denkt und schreibt er zeitweise wie ein Kind, ist hilflos und unselbstständig, unfähig das Leben allein zu meistern. Bartholomew bleibt mir bis zuletzt ein Rätsel und ich kann ihn für mich nicht einordnen. Nun gut, womöglich ist das vom Autor so gewollt.
Bartholomews Mutter lernen wir nur indirekt über die Erzählungen des Sohnes kennen, sie scheint eine warmherzige und starke Frau gewesen zu sein, die versucht hat, dem Leben das Positive abzuringen, egal wie hart das Schicksal zugeschlagen hat. Und diese Weisheit gibt sie ihrem Sohn mit: Der Glück des Augenblicks.

"Das ist die Sache mit dem Glück des Augenblicks, nicht? Das Schlechte, das Gutes bewirken wird." (Zitat S. 256)

Außerdem gibt es da noch Father McNamee, der an einer bipolaren Störung leidet und ein Alkoholproblem hat, sich aber aufopferungsvoll um Bartholomew kümmert. Die Trauerbegleiterin Wendy, die selbst einen Rucksack voller Probleme mit sich herumträgt. Max, der seine Katze verloren hat und mit diesem Verlust nicht umgehen kann, dabei aber ein weitaus tiefer liegendes Problem hat, und sich ganz in die Paranoia um Alienentführungen flüchtet. Und zu guter Letzt ist da noch Elizabeth, die als Aushilfskraft in der Bibliothek arbeitet und in die sich Bartholomew verliebt. Sie ist unnahbar und völlig verschüchtert, lebt mit ihrem Bruder zusammen und ihnen beiden droht die Wohnungskündigung.
Insgesamt eine bunte Truppe, die nett vom Autor beschrieben ist aber irgendwie nicht die rechte Tiefe bekommt. Schade eigentlich.

Was bleibt nach der Lektüre?

Für die einen ein Kompliment, für mich leider nur Mittelmaß aber im Kern trifft es die Erwartungshaltung: Eine nette "Feelgood-Außenseiter-Roadstory", mit stellenweise lockerem Humor und etlichen Lebensweisheiten, die wir alle bereits kennen und nicht oft genug in Erinnerung gerufen bekommen können.

"Mom verstand, dass es besser war, manche Dinge auf sich beruhen zu lassen. Worte ließen sich als Waffen benutzen, die zu viel Schaden anrichten." (Zitat S. 59)

"Wir wissen nichts. Aber wir können wählen, wie wir reagieren, wenn uns etwas Bestimmtes widerfährt. Wir haben immer eine Wahl." (Zitat S. 180)

"Und was ist die Wirklichkeit anderes als die Art und Weise, wie wir sie wahrnehmen?" (Zitat S. 185)

Fazit:

"Die Sache mit dem Glück" ist ein Buch, bei dessen Lektüre man viele schöne und wahre Momente erleben kann, wenn man sich darauf einlässt. Die Idee des Autors ist extravagant und interessant, für mich leider nicht perfekt umgesetzt. Nichtsdestotrotz eine nette Geschichte, für die man in der richtigen Stimmung sein muss, um sie intensiv miterleben und mitfühlen zu können.