Rezension

Die Kraft eines Kindes

Engelspost -

Engelspost
von Iris Muhl

Bewertet mit 5 Sternen

„...Was war ich dankbar, dass Ihre Sekretärin mich zurückgerufen hat. Man sagt, niemand habe jemals ein Radiointerview gemacht mit Ihnen. Und Sie rufen mich zurück!...“

Der Moderator Phileas Walker ist 1951 völlig aus dem Häuschen, als der 73jähige Eloitt White vor ihm sitzt. Er gehört als Eiscremeproduzent in New York zu den erfolgreichsten Unternehmern des Landes. Dann aber hört der Moderator und mit ihm alle nächtlichen Zuhörer eine Geschichte, mit der keiner gerechnet hat.
Die Autorin hat eine bewegende Geschichte geschrieben. Es war eine Zugfahrt von New York nach New Mexiko, die in dem Leben des Eliott White zu einer radikalen Wende geführt hat.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Der Ich – Erzähler schildert realistisch, aber mit viel Gefühl die Geschehnisse.
Er beginnt mit seiner Kindheit. Eine liebevolle Mutter war für den Jungen da, hat ihm jedoch nie Grenzen gesetzt.

„...Ich liebe sie bis heute von ganzem Herzen, aber im Nachhinein erkenne ich, dass es nicht gut ist, als Kind verhätschelt zu werden...“

Als er von der Schule fliegt, fristet er als Hochstapler und Dieb sein Leben. Der Tod der Mutter trifft ihn hart. Einer Cousine schuldet er Geld. Da er der Post nicht vertraut, macht er sich trotz aller Bedenken in die neue Technik mit den Zug auf den Weg nach New Mexiko.
Im Zug zeichnet er die Passagiere. Dabei fällt ihm ein kleines Mädchen auf.

„...Ihr Blick traf mich bis in die Knochen, und ein seltsames Gefühl von Verunsicherung und Schmach überkam mich. Der kindliche Ausdruck ihrer Augen war so rein und von so einer Klarheit, dass sich Demut und Beschämung in mir regten...“

Die viertägige Zugfahrt hält einige Überraschungen bereit. Schnell stellt Eliott fest, dass das Mädchen als Postpaket verschickt wurde. Der Postbote kümmert sich aber weder um Essen noch Trinken. Er  hofft, dass einer der Passagiere dafür aufkommt.
Eigentlich wäre die Zugfahrt für Eliott eine perfekte Gelegenheit gewesen, sich am Hab und Gut seiner Mitfahrer zu bereichern. Doch irgendwie geht das wegen des Mädchens nicht. Und als das Mädchen ihm seinen Namen sagt, wird Eliott an einige der dunkelsten Stunden seines Lebens erinnert.
Sehr amüsant sind zum Teil für mich als Außenstehenden die Szenen im Zug. Hier regieren Vorurteile und Standesunterschiede. Nur das Kind macht eine Ausnahme. Sie unterhält sich mit einer Schwarzen und geht beim einem Halt des Zuge unbefangen auf einen alten Indianer zu.

„...Die Güte und Bescheidenheit, die es an den Tag legte, bereiteten mir Kopfzerbrechen...“

Bei der Erinnerung an seinem besten Freund Marcel kommt auch das Thema Glauben zum Tragen. Darauf hat Eliott seine ganz eigene Sicht.

„...Offen gesagt, dachte ich aber stets nur dann über Gott nach, wenn es mir richtig gut ging...“

Als die Reise zu Ende ist, bringt Eliott das Kind selbst ins Waisenhaus. Er setzt alle Hebel in Bewegung, um das Mädchen adoptieren zu können. Sein Leben ändert er grundlegend.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen.