Rezension

Schuld und Sühne

Engelspost -

Engelspost
von Iris Muhl

Bewertet mit 5 Sternen

Ein bewegender Roman über Schuld und Wiedergutmachung und die bedrückende Situation der Waisenkinder in den USA des frühen 20. Jahrhunderts.

"Engelspost" (2021) ist ein Roman von Iris Muhl, der von der schicksalshaften Begegnung des Betrügers Eliott White und einem Waisenmädchen zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den USA erzählt.

Zum Inhalt:
Der Protagonist Eliott White beichtet als alter Mann bei einer Radiosendung die große Schuld, die er in jüngeren Jahren auf sich geladen hat und berichtet von einer Zugfahrt, die 1913 alles veränderte. Auf dieser Reise trifft er ein Waisenmädchen, das wie ein Paket als „Lebendware“ verschickt wurde. Durch das engelhafte Wesen des Mädchen wird er von seiner Schuld überwältigt und muss sich ihr stellen.

Persönliche Einschätzung:
Der Schreibstil ist flüssig, lebendig und sehr anschaulich.
Die Situationen und Umgebung sowie die Charaktere werden ausführlich beschrieben, wodurch der Einstieg in die Geschichte sofort gelingt. Vor allem über die Beschreibung der Charaktere und ihres Verhaltens muss man gelegentlich lachen.
Durch die Radiosendung als Rahmenhandlung wird man auf die eigentliche Geschichte eingestimmt.
Eine gute und auf wahren Begebenheiten beruhende Darstellung der damaligen Gesellschaft ist in die Geschichte eingebettet. Die Verachtung gegenüber den Ärmeren wird ebenso beleuchtet wie Rassismus und Kolonialismus. Im Vordergrund steht die bedrückende Situation der ungewollten Kinder und Waisen in dieser Zeit.
Das Kernthema der Geschichte ist die Auseinandersetzung mit Schuld und der Möglichkeit zur Wiedergutmachung und Veränderung, was anhand Eliott Whites innerem Konflikt und der Abkehr von seinem früheren Leben veranschaulicht wird.
Christliche Bezüge werden zwar an manchen Stellen in die Geschichte eingebaut, im Mittelpunkt stehen aber allgemeine moralische Fragen.

Der Schreibstil der Autorin hat mir wirklich gut gefallen, ebenso der Erzählstil und Aufbau der Geschichte. Die Beschreibung der Situation der Kinder ist bedrückend und wird mich noch eine Weile beschäftigen.

Fazit: Moralische Fragen und historische Begebenheiten verpackt in einen schönen Roman – bewegend, tiefgründig und lesenswert.