Rezension

Faszinierende, anrührende und wunderschöne Geschichte aus dem historischen Amerika

Engelspost -

Engelspost
von Iris Muhl

Bewertet mit 5 Sternen

Engelspost: Amerika, 1913 - Eine anrührende, bewegende Geschichte über Moral, Gewissen und Läuterung

"Engelspost" von Iris Muhl ist als gebundenes Buch (Hardcover mit Schutzumschlag) mit 175 Seiten im August 2021 bei fontis erschienen.

Iris Muhl, Jahrgang 1970, ist eine Schweizer Autorin, die für Erwachsene Bücher in verschiedenen Genres und auch welche für Kinder schreibt, darüber hinaus unterrichtet sie kreatives Schreiben an Schweizer Schulen.

Zum Inhalt:

Elliott White, erfolgreicher New Yorker Unternehmer -Eiscremeproduzent-, wird 1951 von Radiomoderator Phileas Walker eingeladen, in dessen nächtlicher Sendung bei Radio Eighteen 28 Fragen über sein Leben zu beantworten.

Dort auf seinem Stuhl in dem abgedunkelten Studio überkommt Elliott White plötzlich das Bedürfnis, eine Art Lebensbeichte abzulegen - und so bekommen Walker und seine Zuhörer eine ganz besondere Sendung auf die Ohren...!

Meine Meinung: 

Unversehens befindet sich der Leser hier zugleich im Radiosender 1951 und, noch viel bewusster, wird er von der Autorin ins das Jahr 1913 nach New York entführt. Elliott White war seinerzeit ein gewissenloser Betrüger, ein Dieb und ein Lügner, wie er sich selbst bezeichnet. Unter anderem als Türsteher in einem verruchten Etablissement tätig, begibt er sich 1913 auf eine viertägige Zugreise mit der Dampflok von New York nach New Mexico - und diese Reise wird ihn für immer verändern. Eigentlich in der Absicht, sich die lange Fahrt durch Diebereien zu verkürzen, begegnet er einem kleinen, engelhaften Mädchen, das wie ein Paket verschickt wurde - an ihrem verschlissenen Mantel haftet eine 50 Cent Briefmarke, sonst hat sie nichts weiter dabei, weder Essen noch Getränke...

Iris Muhl hat eine ganz besondere Geschichte geschrieben, die mich als Leserin sowohl durch die grundlegende Thematik als auch durch die Story an sich fesselte und in ihren Bann zog! Ich konnte mir de alten Elliott White, der auf dem Stuhl von seinem Lebensweg berichtet, wahnsinnig gut vorstellen - aber noch faszinierender fand ich seine Erzählung über die Zugfahrt, während der er zu einem anderen Menschen wurde. 

Die Atmosphäre kommt sehr authentisch herüber, ich wähnte mich während der Lektüre mitten im Zug mit den vielen unterschiedlichen Reisenden. Dass Kinder 1913 eine Zeitlang tatsächlich per Post verschickt wurden, um sie von einem Waisenhaus ins nächste zu schicken (nach einigen Monaten wurde diese zweifelhafte Vorgehensweise glücklicherweise verboten) hat mich sehr bewegt.

Das engelhafte Wesen erschüttert den Betrüger und Hochstapler White bis ins Mark, wird er doch durch das kleine Mädchen mit etwas konfrontiert, das er in seiner Vergangenheit getan hat und auf das er ganz und gar nicht stolz ist...

Die Entwicklung des späteren Unternehmers ist wirklich faszinierend, die Autorin hat es geschafft, in einem historischen Kontext eine wirklich spannende und anrührende Story zu schreiben, die beeindruckend über Moral, Gewissen und Läuterung erzählt.

Mein Fazit:

Eine wunderschöne, faszinierende und anrührende Geschichte in authentischer historischer Atmosphäre, die gerne viel länger hätte sein dürfen - unbedingt lesenswert!