Rezension

Wenn Tradition auf Moderne trifft

Die Tochter -

Die Tochter
von Kim Hye-jin

Bewertet mit 4 Sternen

Kim Hye-Jin erzählt in ihrem Roman die Geschichte einer in traditionellem Denken lebenden Mutter, die in einem Pflegeheim arbeitet, deren Tochter für sich einen völlig anderen Lebensentwurf gewählt hat. Beider Welten treffen aufeinander. Kim Hye-Jin liefert mit diesem Roman ein gesellschaftskritisches Werk.

Eine ca. 60 Jahre alte verwitwete Mutter, die in einem privaten Pflegeheim arbeitet und dort eine demente Dame betreut, muss feststellen, dass der Lebensentwurf ihrer erwachsenen Tochter so gar nichts mit den alten Traditionen gemein hat: Sie ist mit über 30 Jahren noch immer unverheiratet und lebt mit einer Frau zusammen. Mit dieser Tatsache kann die Mutter sich nicht abfinden, und dies ergibt unweigerlich Konflikte. Auch an ihrem Arbeitsplatz im Pflegeheim kommen Probleme auf.

Kim Hye-Jin übt Gesellschaftskritik mit ihrem Roman. Sie erzählt aus Sicht der Mutter in einer kargen, gefühlskalten Sprache, zwischen deren Zeilen dennoch die Emotionen reichlich hervortreten und den Leser nicht kalt lassen. Man lernt aus dieser Geschichte vor allem eines: Über jeglicher Tradition, aber auch über jedem modernen Lebensentwurf muss die Mitmenschlichkeit stehen. Empathie.

Das ist natürlich für jemand, der in Traditionen groß geworden ist, nicht einfach. Es wird Konflikte geben, weil da immer sehr große Angst ist. der traditionell denkende und empfindende Mensch hat einfach Angst, bekannte, eingefahrene Denkpfade zu verlassen. Und Mütter sowieso: Die sorgen sich um das Wohl der Kinder. Diese Problematik hat die Autorin sehr gut und treffend herausgearbeitet. "Mit großer Sensibilität und sanfter Wucht...", so steht es im Klappentext, und dem kann ich nur zustimmen.

Ein großes Buch, für jeden Leser ein Muss, denke ich.