Rezension

Spin-Off der Sinners of Saint Reihe

All Saints High - Die Prinzessin - L. J. Shen

All Saints High - Die Prinzessin
von L. J. Shen

Hat mich mit zwiespaltigen Gefühlen zurückgelassen. Einerseits war ich bis zur letzten Seite gefesselt, andererseits hat mich vieles gestört

Darias perfektes Leben gerät aus den Fugen als sie mit 14 Jahren aus Eifersucht die Ballettkarriere der gleichaltrigen Silvia Scully zerstört. Auch vier Jahre später plagen sie noch Schuldgefühle für Vias Verschwinden. Ihre Scham und eigene Unsicherheit versteckt sie hinter einer eiskalten Maske, mit der sie es zum beliebtesten Mädchen der All Saints High gebracht hat. Als ihre Mutter auch noch kurzerhand beschließt die einzige Person bei sich aufzunehmen, die weiß, was sie getan hat, geht das Drama erst richtig los. Vias Zwillingsbruder Penn nutzt jede Gelegenheit, Daria seinen Hass zu zeigen, bis sich die enorme Anziehung zwischen den beiden nicht länger ignorieren lässt.

„All Saints High“ hat mich mit zwiespältigen Gefühlen zurückgelassen. Einerseits hat es L. J. Shen geschafft, mich von der ersten bis zur letzten Seite zu fesseln, weil mit viel Leidenschaft und Drama kontinuierlich Spannung aufgebaut wird. Ihr teilweise sehr derber Schreibstil war absolut passend für die Geschichte, die verschiedenste Abgründe aufzeigt und sicherlich nichts für schwache Nerven ist. Mir hat gefallen, dass die Perspektive zwischen Daria und Penn wechselt, wodurch man ihre zum Teil sehr widersprüchlichen Gefühle gut nachvollziehen kann.
Ich kann nicht sagen, dass mir die ekelhafte Art, die aus Daria häufig herausbricht, sympatisch ist, aber ich konnte sie verstehen. Wer verspürt nicht auch manchmal den „Hulk“ in sich, der um sich schlagen will, wenn man verletzt wird oder eifersüchtig ist? In Darias Fall ist es nur sehr extrem. Wenn sie bei einem Menschen eine Schwachstelle wahrnimmt, schlägt sie schonungslos zu. Die fehlende Aufmerksamkeit von ihrer Mutter kompensiert sie durch ihr Ansehen in der Schule. Wohlhabende Familien sind eben nicht gleich glückliche Familien, obwohl hier wohl einfach mal ein offenes Gespräch geholfen hätte.
Penn hat es durch seinen familiären Hintergrund nie leicht gehabt und hat sein großes Herz seit dem Verschwinden seiner Schwester hinter einer harten Schale verborgen. Er ist regelrecht hin- und hergerissen zwischen seinem Hass auf Daria und seiner Anziehung zu ihr. Die Hass-Liebe zwischen den beiden hat daher einfach seinen ganz besonderen Reiz. Es ist schön mitzuverfolgen, wie sie sich selbst reflektieren und weiterentwickeln.

Andererseits haben mich auch viele Dinge an dem Buch gestört, wozu ich nicht mal das Klischee, reicher, unsicherer Cheerleader verliebt sich in armen, wütenden Football Captain, dessen Zukunftsperspektiven von seiner Sportkarriere abhängen, zähle. Schlimmer finde ich, dass ein sensibles Thema nach dem nächsten rausgehauen wird (von körperlicher Gewalt, Drogenmissbrauch, Tod der Eltern, Schwangerschaften von Minderjährigen, bis hin zu Vergewaltigung), sodass es mich irgendwann nicht mehr berührt hat. Das lag vor allem auch daran, dass sie auf die Charaktere keinerlei Auswirkungen außer blindem Hass und Missgunst hatten.
In diesem Zusammenhang finde ich auch das verantwortungslose Verhalten von Darias Eltern absolut lächerlich. Wie kann man sich einen Jugendlichen ins Haus holen, der gerade seine Mutter verloren hat, und das einzige, das einen interessiert ist, dass dieser sich nicht an den eigenen Töchtern vergreift? Zudem schwingt an mehreren Stellen die Botschaft mit, dass man alles machen kann, solange man es sich leisten kann (vor allem am Ende als damit sogar noch das Verüben von Selbstjustiz gerechtfertigt wird). Unnötig zu erwähnen, dass ich auch kein Fan davon bin, dass eine Familie, die all das verkörpert, gegen das die Arbeiterbewegung stand, das Wort „Gott“ gegen „Marx“ ersetzt, weil er Atheist war. Ich konnte es irgendwann echt nicht mehr hören.

Das Ende des Buchs finde ich ohne Frage schön, auch wenn alles zu schnell ging. Im Vergleich zum Rest der Geschichte war es mir dann aber doch eine Spur zu kitschig.