Rezension

Nett verpackt, aber wenig Spannung

Die tödliche Tugend der Madame Blandel - Marie Pellissier

Die tödliche Tugend der Madame Blandel
von Marie Pellissier

Bewertet mit 3 Sternen

Inhalt:
Die gebürtige Portugiesin Lucie liebt ihren Job als Gardienne an der Pariser Place des Vosges über alles. Sie kümmert sich seit über 40 Jahren mit Leib und Seele um die Bewohner ihres Hauses. Nur mit Vanessa Blandel kommt sie nicht zurecht. Diese ist aber auch wirklich ein Biest und schikaniert ihre Umwelt ganz gerne.

Als Lucie am 1. August die gebügelte Wäsche zur Wohnung der Blandels bringen will, macht keiner auf. Also betritt Lucie mit dem Zweitschlüssel die Wohnung, die sie in einem zweideutigen Zustand vorfindet. Was wird wohl Monsieur Blandel dazu sagen, wenn er von seiner Dienstreise zurückkommt? Kurzerhand räumt Lucie auf. Dies wird ihr zum Verhängnis, als kurz darauf Vanessa tot aus der Seine gefischt wird. Hatte die Unordnung in der Wohnung mit ihrer Ermordung zu tun? Aus Angst, die polizeilichen Ermittlungen behindert zu haben, fängt Lucie selbst an, nach dem Mörder zu suchen.

Meine Meinung:
Marie Pellissier kann schreiben. Der Roman lässt sich sehr flüssig lesen, trotz der eingestreuten französischen Ausdrücke, deren Bedeutungen sich jeweils aus dem Zusammenhang ergeben. Sie hat selbst jahrelang an der Place des Vosges gewohnt und kennt die Gegend. So ist es kein Wunder, dass sie das Pariser Flair, diese ganz typische Atmosphäre, mit ihren detaillierten Beschreibungen sehr schön einfängt.

Dazu hat sie mit der Gardienne (Concierge, Hausmeisterin, Portier) Lucie eine sehr sympathische Protagonistin geschaffen, die man einfach mögen muss. Lucie ist es von kleinauf gewohnt, sich um andere zu kümmern und ihre eigenen Bedürfnisse hintenan zu stellen. Und sie macht das mit einem bewundernswerten Enthusiasmus. Klar, dass sie dabei zuweilen über die Stränge schlägt und sich in Dinge einmischt, die sie wirklich nichts angehen. Lucie ist eigentlich ziemlich intelligent, wird manchmal aber auch recht naiv und klischeehaft dargestellt. Diese Diskrepanz hat mich hin und wieder gestört.

Der Einstieg in das Buch fiel mir nicht leicht, werden doch am Anfang schier unendlich viele Personen eingeführt, sämtliche Bewohner des Hauses Nr. an der Place des Vosges, dazu noch deren Familienmitglieder und ehemalige Bewohner. Ich konnte mir zuerst kaum einen davon merken und richtig einordnen. Später kommen dann noch mehr dazu, doch treten sie dann eher einzeln auf, was für die Übersicht förderlich ist.

Lucie liefert sich in ihren „Ermittlungen“ ein Wettrennen mit Kommissar Legrand, der von Lyon nach Paris versetzt wurde und hier seinen ersten Fall zu lösen hat. Warum ein so unfähiger Mensch allerdings auf der Karriereleiter hochsteigen konnte, ist mir schleierhaft. Sein Verhalten ist hochgradig unprofessionell. Klar ergeben sich daraus einige witzige Szenen, aber eigentlich konnte ich über ihn nur den Kopf schütteln.

Was ich bei diesem Kriminalroman stark vermisst habe, ist die Spannung. Sie kommt erst im letzten Viertel auf. Davor begleiten wir vor allem Lucie auf ihren Gängen durch die Stadt und haben an ihren Gedanken teil. Über viele Seiten waren es mir einfach zu viele Beschreibungen und zu wenig Handlung bzw. Dialoge. Wenn es Dialoge gab, waren sie allerdings recht spritzig. Davon hätte ich gerne mehr gelesen. So habe ich mich von Zeit zu Zeit leider ein bisschen gelangweilt.

Die Autorin hat zwar immer wieder kleine Überraschungen eingebaut, doch gerade der Mörder entpuppte sich für mich nicht ganz unerwartet.

„Die tödliche Tugend der Madame Blandel“ ist übrigens der Auftakt einer Reihe.

Fazit:
Wer einen atmosphärischen und vor allem unblutigen Kriminalroman sucht und sich beim Lesen nicht allzu viele Gedanken dazu macht, sondern sich einfach unterhalten lässt, ist mit Marie Pellissiers Debütroman gut bedient.