Rezension

Die Grenze zwischen Kitsch und Realität

Hannes - Rita Falk

Hannes
von Rita Falk

Bewertet mit 5 Sternen

Hannes liegt da, einfach in seinem Bett. Die Augen einen Spalt offen, aber in ihn hineinsehen kann man nicht. Uli kommt ihn besuchen, jeden Tag, denn er ist sein Freund. In Briefen erzählt er Hannes was passiert in der Welt, wie die anderen Freunde zueinander stehen und zeigt: Dass das Leben schön genug ist, um wieder zukommen, oder?

Ein Komapatient als Hauptfigur, als lebendes Denkmal einer Freundschaft, eines Unfalls und dem Leben, das weitergeht. In diesen Büchern gibt es einen schmalen Grad zwischen Kitsch und Realität, der gehalten werden muss. Schnell kann es zu feinfühlig werden, zu wunderbar, wenn Komapatienten schnell Heilung erfahren oder zu schnell sterben. Soll so ein Buch Hoffnung machen? Soll es über das Leben und den Tod erzählen?

Es ist nicht in den Kitsch abgerutscht, das kann ich sagen. Durch die Figur Uli, die Briefe schreibt, so wie er ist und sein wird, bleibt der Roman in der Realität haften und ist nicht allzu rührselig. Uli ist ein Mensch, der sehr betroffen ist, denn er kennt Hannes schon von klein auf. So einen Freund sollte man haben!

Uli schreibt, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Mit manchmal verkrüppelter Grammatik und so wie einundzwanzigjährige wohl reden. Er ist kein Prototyp, denn ich kenne viele, die bei so einem Schicksalsschlag anderes reagieren würde, den Freund im Stich lassen würden, ohne einen Grund zu haben. Aber er ist eine Figur, die sich verändert durch seine Briefe, die Menschen, die ihn umgeben und schließlich auch seinen Job.

Wenn man nachdenkt, kann man viel verändern, so habe ich einige Dinge gelesen. Wenn man für jemanden da ist, heißt es anderes zurückstellen. Manchmal war ich schockiert, dass andere Figuren ablehnend reagieren, oder zu engagiert sind. Aber Uli brauchte diese Gegenpole sonst wäre er einfach in der Masse der Briefeschreiber der Literatur untergegangen.

Zum Ende hin habe ich kurz einen Kloß im Hals, das gebe ich zu. Aber auch nur einmal. Es ist kein Buch, dass so könnte man laut Klappentext denken, großartig auf die Tränendrüse drückt, denn das schafft Ulis Schreib- und Denkstil einfach nicht.

Überraschenderweise hat mir dieses Buch von Rita Falk gefallen und so vergebe ich 5 Sterne und empfehle es gerne weiter.