Rezension

Das Jenseits als Chance auf Verstehen

Was danach geschah - James Kimmel

Was danach geschah
von James Kimmel

Bewertet mit 5 Sternen

Schon der Prolog zeigt, dass dieses Buch anders ist. Es erzählt die Geschichte von Brek Abigail Cuttler. Und zwar aus dem Jenseits. Ein Jenseits, das anders ist, als wir es uns allgemein vorstellen. Vieles verschwindet, anderes wird verstärkt. Quintessenz ist aber: “Das, was ist, habe ich aus dem erwählt, was nicht ist. Und ich werde immer sein.“

Die Story wird in der Ich-Form erzählt. Der Stil ist jung und frisch, aber nicht „rotzigfrech“ – wie die Protagonistin. Brek ist eine junge Anwältin, Anfang 30, mit Stärken und Schwächen, die ihren Beruf und das Leben liebt. Genau das kommt im Schreibstil auch rüber. Man mag Brek auf Anhieb. Trotz allem hat sie den feinen Humor nicht verloren. Wenn sie erzählt, was sie sah und empfand, dann ist das nicht ausschweifend und langweilig, sondern fesselnd und mit passendem Wortwitz.

Ganz sanft wird Brek mit der Tatsache vertraut gemacht, dass ihr Leben im Diesseits beendet ist und ihre Zukunft das Jenseits ist. Sie trifft auf ihre Nana und träumt noch einmal ihren letzten Tag im Diesseits. Damit kann sie auch Abschied von ihrem Mann Bo, ihrem Kind Sarah, ihren Kollegen und den Fällen nehmen.

Ganz langsam kommt Brek dahinter, dass da mehr ist, als das, was sie vor der Nase hat. Ein Puzzleteil fügt sich ans andere, bis sie versteht, was geschehen ist, warum sie tot ist und wer ihr Mörder ist. Sie macht eine große Reise durch die Geschichte der Menschheit und beginnt zu verstehen. Schuld, Sühne, Vergebung – das sind die drei großen Themen dieses Buches. Brek – und der Leser – sieht sich plötzlich mit einer ganz anderen Definition von Gut und Böse konfrontiert.

Dieser Roman ist keine so leichte Kost, wie es anfangs scheint. Sehr viel Philosopie und Spiritualität stecken darin. Das macht das Buch zu einer ganz besonderen Kostbarkeit, die sehr lange nachhallen kann, wenn man sie lässt. Sogar das Buch selbst ist vom Äußeren ganz besonders: der Buchschnitt ist ebenfalls bedruckt. Die Bilder des Covers und Buchschnitts versteht man, wenn man das Buch gelesen hat.

James Kimmel hat über lange Jahre – seine Tochter Alexandra war noch kein Jahr, als er damit anfing, und ist nun selbst Verfasserin – an diesem Buch gearbeitet. Das kann ich sehr gut verstehen: es ist eindeutig nicht „aus dem Ärmel geschüttelt“ und zeigt, dass der Autor damit sehr viel von seiner Seele gegeben hat. Vielleicht ist es nicht perfekt, aber nahe dran. Man muss sich nur darauf einlassen, dann bereichert es ungemein. Wer allerdings bloße Unterhaltung sucht, der sollte von diesem Buch Abstand halten, denn dazu wirkt es zu stark auf eingefahrene Einstellungen ein und verändert den Leser und dessen Einstellung – wenn der Leser dazu bereit ist!