Rezension

Berührend und emotional = wundervoll!

Der Honigbus - Meredith May

Der Honigbus
von Meredith May

Bewertet mit 5 Sternen

Was wir Menschen alles von den Bienen lernen können...

Meredith May hat mit ihrem Buch „Der Honigbus“ ein Memoir geschrieben – dieser Ausdruck war mir unbekannt: lt. „Autorenwelt“ ist es „eine non-fiktionale Geschichte. ( …)...fokussiert auf einen besonderen Abschnitt aus dem Leben der Autorin...“ Als Beispiel für Memoirs wird häufig Hape Kerkelings „Ich bin dann mal weg“ genannt. Tja, da habe ich wieder etwas gelernt, Lesen bildet doch!

1975: Meredith ist 5 Jahre alt, als sich ihre Eltern trennen, ihre Mutter fliegt mit Meredith und ihrem jüngeren Bruder Matthew von der amerikanischen Ostküste nach Kalifornien zu ihren Eltern (Großeltern der Kinder). Meredith stellt hinterher fest: „Irgendwo zehntausend Meter über der Mitte Amerikas hatte sie es aufgegeben, eine Mutter zu sein.“ (S.32) Auch die Großmutter ist leider keine Hilfe für die kleinen Kinder, da sie ausschließlich ihre (wohl schwerst depressive) Tochter im Blick hat. Nur der (Stief-)Großvater bietet Halt und menschliche Wärme, der eher schweigsame Mann zeigt seine Zuwendung über seine Bienen, von denen er zehntausende am Big Sur in Stöcken hält... Durch den Großvater lernt Meredith (und auch wir Leser!) die Welt der Bienen kennen und erkennt Parallelen zu ihrem eigenen – meist einsamen – Leben. „Wenn sie sich verlassen fühlt, zeigen sie ihr, wie man zusammenhält und für einander sorgt. Wenn sie über ihre Mutter verzweifelt, bewundert sie die Bienen dafür, ihre Königin einfach austauschen zu können.“ (vorderer Klappentext)

Folgerichtig sind die Kapitel neben dem Datum (so dass wir gut Merediths Leben verfolgen können) mit kleinen Untertiteln versehen, z.B. „Eine Bienenlektion in Selbsterhaltung“ oder „Eine Bienenlektion in Loyalität“ oder auch „Eine Bienenlektion in Entscheidungsfindung“ usw.

Der Schreibstil ist sehr angenehm und klar und nimmt uns Leser sofort mit: wir leiden, freuen, ärgern und ängstigen uns mit Meredith.

Wir verlassen Meredith 1987, als sie wegzieht, um ein College zu besuchen, diesem Tag hat sie entgegengefiebert... Sie erkennt: „Grandpa und seine Bienen hatten mich durch eine führungslose Kindheit geleitet, mich beschützt und mich gelehrt, ein guter Mensch zu sein.“ (S. 294/295)

In einem Epilog (2015, „Eine Bienenlektion über Hinterlassenschaft“) berichtet die Autorin über ihren weiteren Lebensweg, den Tod des geliebten Großvaters und von ihrem Versprechen, sich seiner Bienen anzunehmen, so dass sie jetzt selbst Imkerin in der 5. Generation ist.

Was für ein wundervolles Buch: trotz aller Traurigkeit und Mitgefühl für Meredith habe ich dieses Buch als sehr hoffnungsvoll und aufbauend empfunden, ich fühlte mich – genau wie Meredith – durch die „Bienenlektionen“ auch getröstet. Dieses Buch hat gute Chancen, zu meinen Lese-Highlights 2019 zu gehören und deshalb von mir selbstverständlich eine klare Leseempfehlung!