Rezension

Spannender Jugendthriller mit aktuellem Themenbezug

Shelter
von Ursula Poznanski

„Verschwörungstheorien, die funktionieren sollen, müssen drei Merkmale haben. Erstens: Was geschieht, geschieht im Geheimen. Nichts ist Zufall, alles geplant. Zweitens: Nichts ist so, wie es scheint. Die Wirklichkeit hat gewissermaßen einen doppelten Boden. Was zur Theorie passt, wird als Beweis gewertet, was ihr widerspricht, wird ignoriert. Drittens: Alles ist miteinander verbunden. Die Verschwörer erkennen einander an geheimen Zeichen, aber im Grunde könnte jeder dazugehören. Jeder ist verdächtig.“

Eigentlich ist alles als Scherz gedacht, um einem befreundeten Pärchen vor Augen zu führen, wie abstrus ihr Glaube an Esoterik ist und wie schnell Menschen auf völlig unrealistische Theorien hereinfallen. Aber die Verschwörungstheorie, die Benny, Liv, Darya, Till und Nando sich in ihrer Partylaune ausdenken und über Fake Accounts und mysteriöse Zeichen in der Stadt verbreiten, geht schon bald viral und die Idee verselbstständigt sich. 

Mit dieser Geschichte greift die Autorin ein brandaktuelles Thema auf und trifft absolut den Nerv der Zeit. Es zeigt, wie rasend schnell Verschwörungstheorien ihre Anhänger in allen Alters- und Bildungsschichten finden und wie folgenschwer es für die Urheber sein kann, die Wahrheit verkünden zu wollen. Ursula Poznanski hat interessante Charaktere erschaffen, allen voran Benny, aus dessen Perspektive die Geschichte erzählt wird. Durch sein besonderes Hobby -Latte Art- und die Schatten seiner lange Zeit unbekannten Vergangenheit ist er zugleich sympathisch, aber auch geheimnisvoll. Daneben konnte ich mich für Liv nie sonderlich erwärmen, sie hat das Projekt einfach zu verbissen gesehen und auch, als die ersten Probleme auftauchten, nicht die Reißleine gezogen … sehr egoistisch und in meinen Augen wenig liebenswert. Darya und Till sind die beiden Charaktere, die insgesamt ein bisschen blaß blieben und Nando hat mich mit seiner harmoniebedürftigen Art manchmal etwas genervt.

Das Buch ist ein richtiger Pageturner und besonders die Frage, wer hinter dem geheimnisvollen Octavio steckt, der sich virtuell zum Anführer der Shelter ernannt hat, jagte mich von Kapitel zu Kapitel. Zum Ende hin nahm die Handlung dann nochmal ziemlich an Fahrt auf und es gab einige actionreichen Szenen. Die Auflösung war dann überraschend und auch in weiten Teilen nachvollziehbar , konnte mich aber nicht komplett überzeugen. Auf die Gründe hierfür kann ich nicht näher eingehen, da ich sonst spoilern würde.

Mit Shelter hat Ursula Poznanski einen modernen Jugendthriller mit einer brisanten Thematik und einem gut konstruierten, kreativen Plot abgeliefert. Die Geschichte ist absolut realitätsnah und deshalb umso schockierender. Nebenbei fließen noch weitere gesellschaftsrelevante und wichtige Themen ein. Für dieses Buch gibt’s definitiv eine Leseempfehlung!