Rezension

Porträt einer Stadt

Träume und Kulissen -

Träume und Kulissen
von Alida Bremer

Bewertet mit 4 Sternen

Kein spannender Krimi im herkömmlichen Sinne, aber ein vielschichtiger Roman mit einrahmender Krimihandlung vor der schönen Kulisse der Adria.

Es ist Sommer 1936, die Welt ist im Umbruch, ein Krieg bahnt sich an. Doch hiervon merkt man in Split, einer beschaulichen Hafenstadt an der jugoslawischen (heute kroatischen) Adriaküste zu Beginn noch recht wenig. Der Roman beginnt mit dem Fund einer Leiche, doch die Ermittlungen ziehen sich hin. Denn Splits Hafen scheint Drehkreuz der Welt zu sein. Hier wird zwar nicht das Weltgeschehen verhandelt, aber Politik wird in Anbetracht der Zeit immer präsenter - und somit verdunkelt sich auch hier zusehends der Himmel. So machen Schleuser mit geflüchteten Kommunisten und Juden aus Deutschland ihre Geschäfte, Mussolinis Anhänger mischen sich unter die Einwohner und selbst ein deutsches Filmteam auf der Suche nach schönen Kulissen wird mit wachsamen Blicken beobachtet. Und dann ist da noch die Geheimpolizei - von wer weiß wo überall. Im Mordfall heißt es also: abwarten mit mediterraner Gelassenheit, und zwar bis jemand einen Fehler macht.

Split liegt in einem Land mit turbulenter Vergangenheit und ungewisser Zukunft, und ist doch gleichzeitig allerschönste Kulisse im Roman. Die Stadt am Meer fungiert als Schmelztiegel der Kulturen, in ihren Einwohnern und Gästen spiegeln sich die grundverschiedensten politischen Ansichten wieder, die miteinander immer wieder kleinere und größere Reibereien austragen. Wer einen spannenden Krimi sucht, ist hier falsch - der Mord steht nicht im Fokus, sondern rahmt die Handlung nur ein. Wohl eher geht es um die Darstellung der Stadt, ihrer Kultur, ihren Bewohnern und Gästen zur Zeit einer turbulenten gesellschaftlichen sowie politischen Umwälzung. Menschen aller Herren Länder, ihre Träume und ihre Organisation - wenn nicht gar das Leben selbst - steht im Vordergrund jener instabilen Zeit voller Sehnsucht. Und so ist es nicht verwunderlich, dass der Roman atmosphärisch dicht ausgearbeitet ist, das mediterrane Leben in schönster Form und Sprache beschreibt und die Geschmäcker und Gerüche des Landes sich durch die Seiten ziehen.

Doch aufgrund der vielen Personen (und den vielfältigen politischen An- und Absichten) war der außergewöhnlich vielschichtige Roman nicht immer ganz einfach zu lesen. Gegen Ende war ich zugegeben auch etwas froh, dass sich das Buch allmählich seinem Schluss neigt. Ein Personenverzeichnis wäre hier vielleicht eine gute Idee. Nichtsdestotrotz, ein guter Roman, dem aber irgendwie ein bisschen Power fehlt.

Kommentare

katzenminze kommentierte am 29. August 2021 um 21:46

Schön geschrieben! Ja, um im ersten Teil besser zurecht zu kommen hätte so ein Personenverzeichnis geholfen. Danach ging es auch so finde ich.