Rezension

Muss man nicht gelesen haben - oder doch?

Muss ich das gelesen haben? -

Muss ich das gelesen haben?
von Teresa Reichl

Bewertet mit 4 Sternen

Meine Meinung

Es dürfte kaum jemanden kennen, der das Phänomen nicht kennt: Sobald im Deutschunterricht die Lektürevorschläge besprochen werden, geht das allgemeine Stöhnen los. Ich selber war nie ein besonders großer Fan von Schullektüren, und das obwohl ich ganz offensichtlich gerne lese und mich mehr oder weniger regelmäßig dazu durchringe, auch mal über meinen literarischen Tellerrand hinweg zu schauen.

Was mir an diesem Buch daher wirklich gut gefallen hat, war vor allem das Konzept. Dass man während der eigenen Schulzeit keinerlei Einfluss darauf hat, was im Unterricht gelesen wird ist je nach persönlichem Interesse schon frustrierend genug und in Hinblick auf unser veraltetes Schulsystem keine große Überraschung. Die Autorin geht in diesem Buch genau auf diesen Umstand ein und zeigt auf, wie Veränderungen angestoßen bzw. welche Bücher neben denen des klassischen Kanons gelesen werden können, um den literarischen Horizont zu erweitern.

Neben der umfangreichen Recherche, die ganz offensichtlich in dieses Buch geflossen ist, und den konkreten Leseempfehlungen hat mir außerdem besonders gut gefallen, dass die Autorin bei ihrer Forderung nach einem Umdenken keine absoluten Ideen verfolgt. Die Erweiterung des aktuell bestehenden Kanons bedeutet ja nicht, dass alle anderen Bücher ab jetzt nicht mehr gelesen werden dürfen. Es gibt Rezensionen, die es so klingen lassen als würde die Forderung lauten, Goethes gesammelte Werke zu verbrennen – was absoluter Quatsch ist und den intersektionellen Ansatz dieses Buches komplett verkennt.

Der Schreibstil mag sicherlich nicht jedermanns Fall sein, denn man merkt sehr deutlich, dass eine jugendliche Zielgruppe angesprochen werden soll. Auch wenn ich nicht viel älter bin, hat die Ausdrucksweise manchmal ein wenig befremdlich auf mich gewirkt – was aber in Ordnung ist, denn wichtiger war für mich der Inhalt, den ich ausgesprochen gelungen finde und daher jedem empfehlen würde, der sich wie ich nie so wirklich mit den ganz großen Klassikern anfreunden konnte und trotzdem begeisterter Lesewurm ist.

 

Fazit

Auch wenn der Stil nicht ganz mein Fall war, fand ich persönlich die Botschaft dieses Buches umso wichtiger. Der Aufwand, der in den Schreibprozess eingeflossen ist, ist deutlich zu erkennen, und ich bin definitiv dankbar für die Anregungen, die meine Leseliste für die Zukunft deutlich erweitert haben.

Dafür gibt es vier Bücherstapel von mir.