Rezension

Fesselnd bis zur letzten Seite

Monster (Ein Bodenstein-Kirchhoff-Krimi 11) -

Monster (Ein Bodenstein-Kirchhoff-Krimi 11)
von Nele Neuhaus

Bewertet mit 5 Sternen

Der elfte Fall für Oliver von Bodenstein und Pia Sander (ehemals Kirchhoff) verlangt den Ermittlern einiges ab. Immer dann, wenn Kinder oder Jugendliche Opfer von Verbrechen werden, ist das Team des K11 ziemlich dünnhäutig.

 

Als die 16-jährige Lissy ermordet aufgefunden wird, und Zeugenaussagen sowie DNA-Spuren zu einem Asylwerber hinweisen, lassen Oliver und Pia nichts unversucht, den Asylwerber zu finden, denn der ist wegen einer Vergewaltigung bereits aktenkundig. Trotz landesweiter Fahndung bleibt der Mann verschwunden.

 

Wenig später läuft ein halb nackter, schwerst misshandelter Mann panisch vor ein Auto, wird von dessen Fahrer erfasst und stirbt. Die Identität steht bald fest, denn auch dieser Mann ist ein verurteilter Straftäter. Er hat bei einem illegalen Straßenrennen eine schwangere Frau und das ungeborene Kind getötet.

 

Bei ihren Ermittlungen stoßt Bodensteins Team auf eine Reihe ungeklärter Todes- und Vermisstenfälle, die allesamt verurteilte Straftäter betrifft.

 

Und dann wird Oliver von Bodenstein Zeuge, wie sich Richter Konstantin Hawelka gemeinsam mit zwei Angeklagten und deren Verteidigern im Gerichtsgebäude in die Luft sprengt, nicht ohne zuvor noch seine Lebenspartnerin Kathrin Fachinger, eine Polizistin aus Bodensteins Team, mit einem gezielten Kopfschuss töten.

 

»Ich habe vollstes Verständnis für alles, was Sie gerade vorgebracht haben. Bei der Polizei haben wir auch immer wieder mit denselben Tätern und Problemen zu tun. Und ich bin Ihrer Meinung: Man muss das aussprechen dürfen! Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, die Zustände zu verbessern und …«

»Entweder sind Sie ein Idealist oder ein Idiot, Herr von Bodenstein«, unterbrach Hawelka ihn und lachte. »Und beides ist schlecht! Das weiß ich aus eigener Erfahrung. Ich war nämlich auch mal ein Idealist.«

 

Als man Fachingers und Hawelkas Vergangenheit durchleuchtet, kommen ähnlich Biografien zum Vorschein: Fachingers Eltern wurden bei einem Raubüberfall vor den Augen der damals Zehnjährigen ermordet und Hawelkas Familie stirbt bei einem Unfall, den ein sogenannter Gully-Werfer verursacht hat.

 

Folgender Satz des Richters macht Bodenstein und sein Team stutzig:

 

«Ich hätte euch niemals kennenlernen dürfen – Wolf, Markus, deinen Bruder und dich. Ihr habt aus mir ein Monster gemacht.«

 

Verbirgt sich hinter dieser Geiselnahme und Selbstmord etwas viel Schlimmeres?

 

Meine Meinung:

 

Dieser ziemlich komplexe Fall zehrt an den Nerven der Ermittler. Die Gefahr eines Ermittlungsfehlers ist greifbar nahe. Zumal die Bevölkerung zuerst gegen Asylwerber und Ausländer hetzt, sich dann aber auf Lissys Mathe-Lehrer einschießt, der sie angeblich sexuell belästigt hätte. Daher wird eine kompetente Ermittlern aus Düsseldorf zur Verstärkung geholt. Die Sicht von außen bringt andere Ideen, ändert den Blickwinkel und kann verfahrene Situationen entschärfen.

 

Neben den Emotionen, die bei den Ermittlern hochgehen, erhalten wir Einblick in Lissys Familie sowie in Saras Gedanken. Sara ist Lissys beste Freundin und fühlt sich von ihr hintergangen, weil sie von Lissy nicht in ihre letzten Geheimnisse eingeweiht war. Daher versucht sie, auf eigene Faust Ermittlungen anzustellen.

 

Sowohl Bodenstein als auch Sander sind durch private Probleme belastet. Vor allem Pia Sander muss sich entscheiden, ob sie ihrem Mann Christoph ein Jahr nach Afrika folgt und wie es mit ihrer dementen Mutter weitergehen soll. Pflegeheim oder 24-Stunden-Hilfe oder weiterwursteln wie bisher? Ausgerechnet Pias Ex-Mann Prof. Kirchoff findet eine passable Lösung.

 

Wie wir es von Nele Neuhaus gewöhnt sind, ist auch dieser Fall packend erzählt. Die Autorin schaut auch dem Volk „aufs Maul“. Die folgenden Worte aus Richter Hawelkas Mund sind nicht von der Hand zu weisen.

 

»Ein Mordopfer ist für immer tot. Ein Mensch, der von einem Raser getötet wurde, ist für immer tot. Kinder sterben. Eltern sterben. Familien werden für immer zerstört«, sagte er. »Die Täter sind aber nach ein paar Jahren – oder sogar sofort – wieder auf freiem Fuß. Das ist nicht gerecht. Wer denkt an die Opfer und ihre Familien? Allein im letzten Jahr wurden hier in Frankfurt sieben hochgefährliche Straftäter wegen zu langer Verfahrensdauer aus der Untersuchungshaft entlassen! Fünf von ihnen wurden nur wenige Stunden oder Tage nach ihrer Entlassung sofort wieder straffällig. Keiner dieser sieben Straftäter hatte die deutsche Staatsbürgerschaft, aber das sei nur am Rande angemerkt.«

 

Der eine oder andere wird sicher ähnliche Gedanken haben. Vermutlich auch einige Polizisten, denn nichts ist frustrierender, als wenn Täter endlich überführt sind und beim anschließenden Gerichtsverfahren mit Hilfe von Winkeladvokaten entweder überhaupt frei gehen oder nur zu geringen Haftstrafen verurteilt werden.

 

Die Charaktere entwickeln sich weiter. Auch wenn sich das eine oder andere Mal ein Mitglied der Truppe für eine Auszeit verabschiedet, bleibt das Stammpersonal dasselbe. Es scheint, als würde der nächste Fall ohne Pia Sanders gelöst werden. Aber, das werden wir bestimmt bald erfahren ...

 

Fazit:

 

Ein spannender 11. Fall, der durch einen hohen Spannungsbogen zu fesseln weiß. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und eine Leseempfehlung.