Rezension

Fesselnd, aber zu überfüllt

Wir in drei Worten - Mhairi McFarlane

Wir in drei Worten
von Mhairi McFarlane

Bewertet mit 3.5 Sternen

Ben stand schon immer auf auffällige Schönheiten; unwahrscheinlich also, dass die Frau, mit der er sesshaft geworden ist, eine Ausnahme ist. Ich stelle mir Olivia vor wie Patsy Kensit, als sie noch Sängerin von Eight Wonders war, angezogen wie Betty Draper in Mad Men und mit der Wortgewandtheit einer Dorothy Parker und...ach verdammt.
Das Schlimmste ist sowieso bereits eingetreten. Sie ist nicht ich. Das Hauptgericht des heutigen Abends: Rachels Herz, zu Tartar verarbeitet und mit einem Ei garniert.

--

INHALT:
Vor zehn Jahren waren Rachel und Ben beste Freunde, haben so gut wie alles miteinander geteilt und bildeten ein verschworenes Zweiergespann. Doch dann ging die Freundschaft in die Brüche, und die beiden haben nicht mehr voneinander gehört. - Bis sie sich eines Tages in einer Bibliothek gegenüber stehen und alle Erinnerungen, alle Gefühle wieder aufgewühlt werden...

MEINE MEINUNG:

SCHREIBSTIL
Mhairis McFarlanes Schreibstil ist definitiv auf Erwachsene ausgelegt; Anspielungen auf Vergangenes wie auch ein zwischenzeitlich sehr trockener Wortschatz bleiben nicht aus. Dennoch ist das Ganze zumeist locker geschrieben und flüssig zu lesen; die Beschreibungen sind perfekt, um sich ein Bild von Rachels Leben und ihren Freunden zu machen. Manchmal hatte ich jedoch das Gefühl, dass die Autorin sich nicht so recht auf einen Stil festlegen mag: Zu Anfang zum Beispiel weist sie deutlich auf Rachels Beruf als Gerichtsjournalistin hin und lässt diese regelrecht Verhandlungen im Kopf durchgehen, greift dieses Mittel hinterher jedoch nie wieder auf.

CHARAKTERE
Rachel ist eine Protagonistin, die mit ihrer Naivität neue Maßstäbe setzt. Keine Frage, sie ist sympathisch und in vielen Situationen auch durchaus jemand zum Identifizieren - dann ist sie manchmal jedoch auch so kurzsichtig oder gutgläubig, dass es schon lächerlich wird. Ben hingegen ist eine Figur, die ich voll und ganz zu schätzen wusste: Gefühlvoll, freundlich, aber auch witzig, und wenn es sein muss, steht er für seine Lieben absolut ein. Auch Rachels Freunde konnte ich zum Großteil gut leiden, insbesondere, weil der männliche Kumpel in der Gruppe einmal nicht dem schwulen Klischee entspricht; ihre beste Freundin Caroline war mir persönlich jedoch oft zu gefühlskalt und zu wenig bedacht auf das, was in Rachel wirklich vorgeht.

STORY
Wie das so ist bei Liebesgeschichten: Vorhersehbar ist das Ganze definitiv. Was Rachel und Ben damals in der Studienzeit auseinander gebracht hat, konnte ich mir in etwa denken - und fand die Auflösung daher doch auch etwas enttäuschend -, die Wendungen wurden mit riesigen Zaunpfählen angekündigt und auch der Schluss ist wenig überraschend. Dennoch gelingt es der Geschichte, einen zu fesseln. Das liegt sicherlich daran, dass McFarlane viele verschiedene Themen in ihrem Roman verarbeitet, die alle auf ihre eigene Weise interessant sind. Eheprobleme, Eifersucht, Liebe unter Freunden, Trennungen und Familie sind nur ein paar dieser Aspekte, die alle ihren Platz haben.

UMSETZUNG
Genau das lässt den ganzen Roman so mitunter aber auch sehr, sehr überfüllt werden. Manchmal ist gar kein rechter Platz mehr für die Gefühle von Rachel und Ben, weil immer wieder andere Themen in den Vordergrund gestellt werden, die so eine große Rolle eigentlich gar nicht einnehmen sollten. Die Romantik ist zwar trotzdem zu spüren und auch durchweg mitreißend, und der Humor gefiel mir in seiner trockenen Ironie total gut - aber manchmal ist weniger eben doch mehr, und das hätte hier auch besser beherzigt werden sollen, so fesselnd der Roman letztendlich auch ist.

FAZIT:
"Wir in drei Worten" ist weder besonders originell noch überraschend, aber trotzdem mitreißend aufgrund seiner interessanten Themen und der unkitschigen Romantik. Allerdings nehmen die vielen verschiedenen Handlungsstränge manchmal zu viel Raum ein und lenken so stark von der eigentlichen Geschichte um Rachel und Ben ab, was doch sehr schade ist. Lesenswert ist der Roman, er hätte aber gut und gerne um 100 Seiten gekürzt werden können. Knappe 3,5 Punkte von mir!