Rezension

Es hätte besser sein können…

Scherbenmädchen - Liz Coley

Scherbenmädchen
von Liz Coley

Bewertet mit 3 Sternen

Klappentext

„Angie ist dreizehn Jahre alt, als sie entführt wird. Erst drei Jahre später taucht sie wieder auf. Doch sie kann sich an nichts erinnern. Auch nicht daran, woher die Narben an ihren Fußgelenken stammen. Kleine Frau, Pfadfinderin und Engel könnten ihr helfen, die Vergangenheit Stück für Stück wieder zusammenzusetzen. Denn jede von ihnen trägt einen kleinen Teil von Angies dunklem Geheimnis in sich. Doch sie wissen, dass Angie das gesamte Ausmaß des Erlebten nicht ertragen kann. Sie würde zerbrechen ...“

Gestaltung

Das ausgewählte Cover passt sehr gut zur Geschichte.  Man sieht ein Mädchen mit dunklem Haar in einem weißen Kleid, das vom Betrachter wegzugehen scheint. Umgeben ist sie von vielen Scherben und kleinen Splittern. Diese Scherben beziehen sich sehr schön auf den Titel, der wiederum die Geschichte kurz und prägnant darstellt: die Protagonistin hat mehrere multiple Persönlichkeiten. Sie besteht aus vielen Personen, die wie Scherben in ihr zusammengesetzt sind. Dass das Cover nur in rot, schwarz und weiß gehalten ist, lässt es sehr schlicht wirken. Dies passt meiner Meinung nach super zur ernsten Handlung!

Meine Meinung

Es gibt nicht viele Jugendromane zu der Thematik der multiplen Persönlichkeiten und fand es sehr interessant, dass dieser sensible Gegenstand hier aufgegriffen wurde. Bisher habe ich noch kein Werk mit diesem Thema gelesen. Umso gespannter war ich natürlich, mehr über die Handlung herauszufinden.

Der Titel "Scherbenmädchen" ist gerade im Zusammenhang mit den verschiedenen Persönlichkeiten der Protagonistin Angie sehr passend gewählt. Die erwähnten „Scherben“ nehmen Bezug auf die unterschiedlichen Identitäten, die wie Scherben aus der eigentlichen Persönlichkeit hervorgetreten sind. Somit ist das Mädchen Angie aus Scherben zusammengesetzt, sie ist ein „Scherbenmädchen“. Dieser Bezug vom Titel auf die Geschichte gefällt mir sehr gut, da so schon Teile von Angies Krankheit angedeutet und greifbar gemacht werden.

Erzählt wird „Scherbenmädchen“ aus Angies Sicht in der dritten Person. Dabei erhält der Leser immer wieder Einblicke in ihre unterschiedlichen Persönlichkeiten. Sehr gut ist es der Autorin dabei gelungen, die verschiedenen Identitäten auch im Schreibstil unterschiedlich wirken und auftreten zu lassen. So konnte man als Leser immer die differenten Persönlichkeiten erkennen und auseinanderhalten.

Die Geschichte an sich war allerdings sehr heftig. Einerseits hat Angie drei Jahre ihres Lebens verloren/vergessen. Sie wurde entführt, misshandelt und hat viele andere schlimme Erlebnisse durchgestanden. Da ist es auch nicht verwunderlich, dass Angie nach so viel Leid solche Konsequenzen trägt. Ihre Geschichte ist wirklich fesselnd, schockierend und spannend. Oftmals musste ich beim Lesen schlucken oder innehalten. Aber es gab auch ein paar Punkte, die mir negativ aufgefallen sind.

Zum einen habe ich mich beim Lesen die ganze Zeit darüber geärgert, dass niemand aus Angies Familie bemerkt haben will, was mit ihr passiert (die Misshandlungen). Sie trägt sichtliche Blutergüsse am Körper und ihre eigenen Eltern hinterfragen nichts? Nie? Zweifelhaft! Es sei denn, hier wurden bewusst die Augen verschlossen. Aber dennoch sind es Angies Eltern. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass die Eltern bewusst das Leid des eigenen Kindes ignorieren. Später schenken sie ihrer Tochter dann lange Zeit keinen Glauben. Das war für mich einfach unvorstellbar und unfassbar.

Die Geschichte schien an manchen Stellen sowieso nicht sehr überzeugend. Bei Angie gipfelt es sich wirklich alles sehr zentriert zusammen, weil sie so viel Schreckliches durchlebt hat. Da kamen bei mir einfach immer wieder Zweifel auf und vor allem die Frage, ob die Autorin nicht etwas übertrieben hat in Angies Leid (es wurde einfach irgendwann zu viel, sodass es unglaubwürdig erschien, dass immer nur die Protagonistin so viel Unglück erleben sollte).

Das Ende fand ich dann sehr undurchsichtig. Ich hatte das Gefühl, irgendwann den Überblick über alles zu verlieren, wenn ich nicht sehr konzentriert (und manches sogar mehrmals) gelesen hätte. Hinzukamen einige Widersprüche und Ungereimtheiten, die am Ende auftaten. Zum Beispiel hat Angies Psychologin den Missbrauch nie angezeigt, obwohl gesagt wurde, dies sei ihre Pflicht. Auch fand ich, dass Angie ihre Psychotherapie viel zu schnell „durchlaufen“ hat. Sie hatte ein paar Sitzungen und dann ging es ihr plötzlich wieder gut. Normalerweise dauert so etwas mindestens ein Jahr, wenn nicht länger.

Fazit

„Scherbenmädchen“ befasst sich mit einem sehr seltenen, interessanten Thema: multiple Persönlichkeiten. Daher ist die Handlung teilweise sehr schockierend und sehr heftig. Allerdings konnte mich die Geschichte nicht vollends überzeugen, da es mir unrealistisch erscheint, dass einer Person so viel Unglück widerfährt und das immer wieder. Auch das Ende war sehr undurchsichtig und deckte zudem einige Widersprüche auf.

Knappe 3 von 5 Sternen!

Reihen-Infos

Einzelband