Rezension

Eine Zeit der Umbrüche und Hoffnungen

Die Burg der Könige - Oliver Pötzsch

Die Burg der Könige
von Oliver Pötzsch

Bewertet mit 5 Sternen

Inhalt

Oliver Pötzsch läutet seinen neusten Roman „Die Burg der Könige“ mit dem Gedicht „Barbarossa“ von Friedrich Rückert ein. Im Jahre 1524 herrscht der erst 24 jährige Habsburger Kaiser Karl V, der in Spanien lebt und sich nur bedingt verbunden fühlt mit seinem Volk. Derweil herrscht in den deutschen Landen Armut und Hungersnot. Die Bauern müssen den Vögten ihr letztes Vieh und ihr letztes Getreide abtreten, um Kriege zu finanzieren, so dass ihnen oft nichts anderes übrig bleibt, als durch die Wälder zu ziehen und als Räuber ihre Familien zu ernähren.
Auf der Burg Trifels, dem einstigen Machtzentrum des heiligen römischen Reichs deutscher Nation, lebt der Burgvogt Philip von Erfenstein mit seiner Tochter Agnes. Der einstige Glanz des Trifels ist verschwunden und Philip ist sehr besorgt, die Burg zu erhalten. Die einzige Hoffnung sieht er in einer vorteilhaften Vermählung seiner Tochter Agnes. Diese ist für die damalige Zeit sehr eigenwillig und selbstbewusst. Sie liebt es, in Beinlingen durch den Wald zu strolchen und ihren Falken Parcival abzurichten. Pater Tristan, ein Geistlicher, der regelmäßig auf dem Trifels weilt, hat ihr als Lehrer und Mentor die Liebe zu Büchern und alten Geschichten eröffnet.

Agnes ist seit Kindeszeit befreundet mit Mathis, dem Sohn des Trifelser Burgschmieds. Mathis sollte in die Fußstapfen seines Vaters treten. Aber statt sich für Schwerter zu begeistern, ist Mathis fasziniert von Schießpulver und experimentiert damit, wobei er sich wiederholt selber in Gefahr begibt.

In Süddeutschland brodelt es unter den Bauern. Sie beklagen die Ungerechtigkeit der Könige, der Adligen und vor allem der Kirche, deren Vertreter durch den Ablasshandel Reichtümer anhäufen. Die Bauern und Tagelöhner rotten sich zusammen und beginnen damit, Klöster, Burgen und Städte einzunehmen. Es entbrannt ein, zwar lokal begrenzter, aber sehr blutiger Krieg.

Vor diesem Hintergrund erzählt Pötzsch die Geschichte von Agnes, die sich in ihren Träumen an die Erzählungen ihrer schon lange verstorbenen Mutter erinnert. In der Bibliothek findet sie ein Buch zur Geschichte des Trifels, das sie zu fesseln vermag. Sie spürt, dass sie selber viel mit dieser Vergangenheit zu tun hat. Mathis hat sich derweil viel Ärger eingehandelt. Er hat dem Aufrührer und Bauernführer Schäfer-Jockel zur Flucht verholfen und muss sich danach selber als vogelfreier in die Wälder schlagen, wo er sich den kämpfenden Bauern anschließt.

Meine Meinung

Dieser Roman zeigt auf sehr anschauliche Weise die Zeit der Umbrüche zu Beginn der frühen Neuzeit auf. Es findet ein Umdenken in den Köpfen der Menschen statt. Die einfacheren Leute werden sich der Ungerechtigkeiten bewusst und glauben nicht mehr stumpf an die „göttliche Ordnung“ die jedem Menschen seinen Platz zuweist. Gleichzeitig ist das Ende des heroischen mittelalterlichen Schwertkampfs zumindest eingeläutet. Feuerwaffen werden in kriegerischen Auseinandersetzungen immer wichtiger. Oliver Pötzsch zeigt diese Entwicklungen sehr anschaulich und leicht nachvollziehbar an einer überschaubaren Zahl von Protagonisten auf, in die man sich sehr leicht einfühlen kann und die im Laufe des Romans auch alle ihre eigene Entwicklung durchlaufen. So gibt es einen heilkundigen Pater, der heimlich eine Lutherbibel versteckt. Der Burgvogt Philipp Erfenstein, der sich bewusst ist, dass er seinen Bauern nicht noch mehr Abgaben abverlangen kann, seine Tochter, die trotz Ständeschranken Umgang mit Mathis dem Schmied hat.

Die Geschichte um die Burg Trifels prägt das Leben der Protagonisten. Ich spürte die Leidenschaft des Autors zu mittelalterlichen Burgen förmlich und kam nicht umhin, selber im Internet Informationen zur Trifels zu recherchieren. Das wäre aber nicht nötig gewesen, weil der Autor seinen Roman hinten durch einen kurzen Burgenführer ergänzt, der Anregungen zu Ausflügen gibt.

Sprachlich hat Oliver Pötzsch schon mit seinen Romanen um den Henker Jakob Kuisl gezeigt, dass er zu den wichtigen Namen deutscher Autoren historischer Romane gehört. Inhaltlich hat er mit diesem Buch aber noch mal eine ordentliche Schippe drauf gelegt.

Ich konnte während mehrerer Wochen herrlich eintauchen in die Zeit der Reformation und der Bauernkriege. Ein besonderer Genuss ist es auch, dieses sehr schön gestaltete Buch in Händen zu haben. Neben dem prächtig gestalteten Schutzumschlag ist es ausgestattet mit Karten, Figurenliste unter Angabe historisch verbürgter Personen sowie einem sehr sympathisch wirkenden Nachwort. Sehr schön sind auch die roten Initialen zu Beginn der Kapitel. Das versetzte mich richtig an die Seite von Agnes, wie sie in der Trifelser Bibliothek in kostbaren Folianten schmökert.

Mein Fazit

Mit diesem in sich geschlossenen und schön abgerundeten Schmöker ist Oliver Pötzsch ein sehr schönes Werk gelungen. Es ist die ganzen 900 Seiten lang spannend zu lesen und vermittelt einem ein nicht beschönigtes Bild einer schlimmen Zeit, aber auch einer Zeit der Umbrüche und der Hoffnungen. Von mir gerne eine Leseempfehlung mit 5 Sternen.

 

Kommentare

buchleserin kommentierte am 08. November 2013 um 16:57

Eine sehr schöne Rezension.

Das Buch möchte ich auch unbedingt noch lesen und ist schon auf meinem Wunschzettel. :)