Rezension

Zu wenig Medusa

STONE BLIND – Der Blick der Medusa -

STONE BLIND – Der Blick der Medusa
von Natalie Haynes

Bewertet mit 3 Sternen

Die Covergestaltung gefällt mir sehr. Es wirkt sehr elegant und mystisch, was durch die Dunkelblau-Gold Tönung betont wird. Besonders gefällt mir das Glänzen, was beim Bewegen des Buches entsteht. 

Medusa, die Tochter der Meeresgötter Phorkys und Keto, wird als kleines Baby in die Obhut ihrer Gorgonenschwestern Stheno und Euryale übergeben. Die Gorgonen, starke geflügelte Wesen mit Schlangenhaar, Krallen und Reißzähnen. Medusa jedoch sieht aus wie ein Mensch, nur ihre kleinen Flügel bringen sie mit ihren Schwestern in Verbindung. 
Ein weiterer Gegensatz zu ihren Schwestern ist, dass Medusa sterblich ist. Dadurch ist sie durch alles gefährdet und verletzlich. 
Ihre Schwestern sind sich nicht sicher, was sie mit ihr anfangen sollen, können sie nicht recht verstehen, sie lieben sie aber abgöttisch. Medusa erlebte eine schöne Kindheit und auch wenn sie noch so anders ist, erfährt sie von ihren Schwestern nur Akzeptanz, Liebe und Fürsorge. 
Als jüngste und schönste der drei Schwestern erweckt sie die Aufmerksamkeit des Meeresgottes Poseidon. Als Medusa eines Tages alleine den Tempel der Athene aufsucht, sieht Poseidon seine Chance und vergewaltigt die junge Medusa. 
Die Göttin Athene ist über diese Entweihung ihres Tempels empört, lässt ihre ungezähmte Wut an der unschuldigen Medusa aus. 
Sie verwandelt Medusa in ein vermeintliches Monster, nun wachsen ihr auch Schlangenhaare. Doch anders als bei ihren Schwestern ist ihr Blick nun tödlich, denn alles Lebende, was sie erblickt, wird zu Stein.
Perseus, ein sterblicher Sohn des Zeus, macht sich auf den Weg, um den Kopf einer Gorgonen abzuschlagen, um seine Mutter vor einer unerwünschten Heirat zu schützen.

Medusa - Ein Monster? Bösartig? Grausam? Nein, ein unschuldiges Opfer lüsternerer & rachsüchtiger Götter, geliebte Schwester, ein junges Mädchen. 

Die Frage was ein Monster ist, was ein Held, was Gut oder Böse ist steht klar im Vordergrund.

 

"Und...ist ein Monster immer böse? "
(Stoneblind - Der Blick der Medusa/Natalie Haynes)

 

Auch wenn der Klappentext und der Titel des Buches Medusa in den Fokus stellen, nimmt sie nur eine Kurze aktive Rolle ein. Erzählt wird von etlichen griechischen Gottheiten und Menschen. Medusas Geschichte jedoch ist etwas, was alle Handlungs- und Erzählstränge auf irgendeine Art und Weise miteinander verbindet. 

Trotz der Brutalität der griechischen Mythologie hat die Autorin geschafft Humor mit einzubringen. Ihren Schreibstil fand ich recht unterhaltsam, jedoch haben mich die vielen Erzählperspektiven eher verwirrt. 
Da viele Namen fallen gibt es am Ende des Buches, zum Glück, ein Verzeichnis der wichtigsten Charaktere. 

Die Kapitel sind recht kurz gehalten, ließ sich daher zügig weg lesen. Allerdings empfand ich die Anzahl der  verschiedenen Sichtweisen & schnellen Erzählsprünge als etwas anstrengend.

Interessant fand ich, dass auch einmal eine Krähe zu Wort kommt, die Schlangen von Medusa eine erzählende Rolle einnehmen und auch Gegenstände wie Stein oder ein Olivenhain.

Es gibt eine große Anzahl von Charakteren, als Hauptcharaktere würde ich aber Medusa, Stheno und Euryale, Athene und Perseus sehen.
Medusa ist als schreckliches Monster bekannt, doch diesem bin ich hier nicht begegnet. Viel mehr begegnet einem hier ein junges, unschuldiges Mädchen. Ein Mädchen voller Liebe und Interesse an den Menschen. Poseidons Vergewaltigung kam zustande, da sie sich "geopfert" hatte, damit er es keinem Menschenmädchen antun würde. Auch wird ihre sensible und liebevolle Art im Umgang mit ihren Schwestern deutlich.
Selbst nach der Tat Poseidons und der Rache von Athene, möchte Medusa niemanden schaden zufügen. Sie verbindet sich ihre Augen, zieht sich zurück, um niemanden zu verletzen. 
Perseus ist keines Wegs der Held, wie er so oft dargestellt wird. Er entpuppte sich als draufgängerischer Junge. Sein Verhalten ist lächerlich und mit seiner dümmlichen Art, hätte er, ohne göttliche Hilfe, sicher nichts auf die Reihe gebracht. Besonders erschreckt hat mich hier seine brutale Freude am Töten. 
Stheno und Euryale sind äußerlich vielleicht monströs, aber kümmern sich liebevoll um ihre kleine Schwester. An vielen Stellen kamen sie mir so menschlich vor und ihre Gefühle wirkten spürbar tief und echt.
Athene  ist eine Stolze und selbstsüchtige Göttin, die ein bisschen, wie ein stark verzogenes Kind wirkt. 
Neben Medusa waren mir eigentlich nur Euryale und Stheno sympathisch. Die Götter sind scheinbar alle gewalttätige Vergewaltiger und die Göttinnen rachsüchtige Wesen, die ihren Zorn zu gern an den geschändeten Opfern auslassen. 

 

"Allein, dass ich mir das vorstellen kann, macht mich menschlicher als ihn"
(Stoneblind - Der Blick der Medusa/Natalie Haynes)

 

Ich habe etwas anderes erwartet, als ich zu diesem Buch gegriffen habe. Die Brutalität der Götter war mir vorher gar nicht so klar gewesen, wurde in der Schule nie so deutlich gemacht.

Medusas Schicksal hat mich stark berührt, besonders da es mit ihrem Tod nicht vorbei war. Denn Perseus missbraucht weiterhin ihren Kopf und damit ihren Todesblick, um zu bekommen was er will.

Natürlich finde ich die Geschichte der anderen Götter und Charaktere auch interessant, allerdings wird alles recht oberflächlich thematisiert und viel zu kurz, was mich öfter eher verwirrt hat.

Ich fand die vielen Erzählstränge etwas anstrengend, trotzdem hat mich das Buch recht unterhalten können, doch ausgesprochen gut fand ich es nicht.

Meiner Meinung nach, geht es viel viel zu wenig um Medusa, wo der Klappentext und der Titel des Buches sie doch so in den Vordergrund stellt.

Ich glaube ich muss mich mehr in die Griechische Mythologie reinlesen, um alles richtig verstehen zu können.

Neuer Blick auf eine alte Sage, interessant und schockierend, aber viel zu wenig Medusa.
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