Rezension

frech - sarkastisch - unterhaltsam

STONE BLIND – Der Blick der Medusa -

STONE BLIND – Der Blick der Medusa
von Natalie Haynes

Bewertet mit 4 Sternen

"Und wer bist du, zu entscheiden, wer ein Monster ist?" (s. 256)

Laut Titel und Klappentext des Buches geht es hier um Medusa und ihr tragisches Schicksal. Außerdem geht es um die griechischen Götter, insbesondere Zeus, Poseidon, Athene und Hermes, um Naturgötter und Nymphen, Ungeheuer und die sterblichen Menschen, zuvorderst um den gar nicht so strahlenden Helden Perseus.

In kurzen Kapiteln werden einzelne Teile der Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln von unterschiedlichen Protagonisten erzählt, nicht nur von Göttern und Menschen sondern auch von anderen Beteiligten wie z.B. Athenes Olivenhain. Das ist gewöhnungsbedürftig aber ich fand es auch witzig.

Ohne gewisse Grundkenntnisse der griechischen Mythologie und den Heldensagen über Perseus hätte ich mich wohl nicht gut in das Buch reingefunden und es hätte mir wohl auch nicht so gut gefallen. So aber hatte ich das Bild des strahlenden, mutigen, natürlich gutaussehenden und von den Göttern begünstigten Helden Perseus vor Augen, der edelmütig loszog um Monster zu töten und die edle Weiblichkeit (erst seine Mutter und dann Andromeda) zu retten. So zumindest war mir die Geschichte in Erinnerung

In Haynes Erzählung finde ich jedoch fürsorgliche und liebende Gorgonenschwestern, die für das  menschliche Auge zwar grausig aussehen, sich aber rührend um ihre sterbliche Schwester Medusa kümmern, sie lieben und ihre Andersartigkeit akzeptieren. Ich finde in Medusa ein junges Mädchen, das zu Empathie und Selbstlosigkeit fähig ist. Ich finde enen trotteligen, unreifen jungen Mann, der ohne Plan loszieht um jemanden zu töten, den er nicht mal kennt. Außerdem finde ich jede Menge selsbstsüchtige und egozentrische Götter, die ihre Machtspielchen spielen und denen jegliche Empathie füreinander oder zu den Sterblichen fehlt - dafür sind sie ja Götter. Auch der Rest der Protagonisten erscheint in einem schlechten Licht. Symphatisch war mir außer den Gorgonen niemand.

Trotzdem hat mich das Buch gut unterhalten. Ich fand die verschiedenen Blickwinkel interessant. Es gefiel mir, dass Haynes die gängigen Bilder auf den Kopf stellt. Und dazwischen sind gute Denkanstöße eingestreut, die mich anregen, die alten Mythen neu zu entdecken und zu interpretieren.

Es geht um die Fragen, wann ist ein Mensch der Held und wann das Monster? Wie definierren wir "gut" und "böse" usw...

Beispiele dafür:

 ""Warum sollte jemand ein Monster lieben?", fragte Perseus.
"Wer bist du, dass du entscheiden kannst, wer der Liebe würdig ist?", wollte Hermes wissen. S. 272

"Und nun nähert er sich den Gorgonen, bereit, ein Lebewesen zu töten, das ihm nichts getan hat, nur um eine Trophäe für einen Mann zu erringen, den er verachtet." S. 272

Für mich ist STONE BLIND kein großes, philosophisches Werk aber eine gut erzählte unterhaltsame Geschichte, die mich zum Nachdenken anregte und gut unterhalten hat. Deshalb hab ich 4 Sterne gegeben.