Rezension

Jagdinstinkte

Trophäe -

Trophäe
von Gaea Schoeters

Bewertet mit 5 Sternen

Der Amerikaner Hunter White ist leidenschaftlicher Jäger und Afrika ist sein Spielplatz. Er mag, was er tut, doch die ausgestopfte Beute überlässt er seiner Frau und die Menschen ihrem Schicksal. Sein Interesse gilt ausschließlich dem Moment des Tötens, dem Höhepunt all seiner Mühen. Entsprechend wenig Luxus gönnt er sich auf seinen Ausflügen, er verlässt sich allein auf die Vorarbeit Van Heerens, der ihm vertrauensvoll die Lizenzen zum Töten vermittelt.

Das Spitzmaulnashorn ist das letzte Tier, welches Hunter für die Vollendung seiner Big Five in Afrika, zu denen der Elefant, Büffel, Leopard, Löwe und Nashorn gehören, noch benötigt. Ein prächtiges Exemplar hat sein Jagdleiter jetzt für ihn ausfindig gemacht. Alles ist bezahlt und bereit, die Spurensucher haben es gefunden. Doch Wilderer kommen Hunter zuvor, das Geschäft scheint geplatzt und die Trophäe als Mitbringsel für seine Frau hinfällig.

Hunters Enttäuschung ist groß, da macht ihm Van Heeren ein unglaubliches Angebot. Es gibt ein noch kostbareres Wild in Afrika.

Das Nashorn ziert das Cover vor ockerfarbenen Hintergrund, die strukturiert braunen Buchdeckel ähneln Tierleder, die Goldprägung erinnert an das koloniale Afrika mit seinen weißen Herrenmenschen. Der Zsolnay Verlag stimmt damit auf eine Welt ein, die uns aus der Zeit von Umweltschutz und Arterhaltung gefallen zu sein scheint, oder doch zumindest nur den Superreichen für eine perverse, nostalgische Freizeitgestaltung vorbehalten bleibt.

Geschickt, ja fast schon einlullend, schafft Schoeters es, dem Leser die Argumente für eine kontrollierte Großwildjagd unterzuschieben. Der Fauna und den Menschen vor Ort kann mit dem Geld aus der lizensierten Jagd geholfen werden. So wird Hunters Beitrag seinem einheimischen Spurenleser Dawid ein Studium in den USA ermöglichen. Er ist der Klügste aus seinem Dorf und er ist befreundet mit dem Fähigsten aus demselben Dorf, dessen Ältestenrat eine schicksalhafte Wahl zu treffen hat. Es ist auch Hunters Schicksal.

Hunter entwickelt sich vom selbstbewussten Machthaber zum misstrauischen Büßer seiner viel zu hochnäsig getroffenen Entscheidungen. Er erkennt seine Fehler und bereut. Dawid wird zusammen mit Hunter in die USA fliegen, inklusive einem Geschenk für Hunters Frau.

Das Grauen kommt auf leisen Pfoten, Schoeters wiegt uns lange in Sicherheit. Doch sie kennt die Steigerung von Geschäftssinn, Entwicklungshilfe und käuflichem Recht. Sie treibt es auf die Spitze und lässt uns dort atemlos zurück, mit einem Nachhall in den Ohren, betäubend und schockierend. Genauso muss Literatur sein, sie muss wehtun. Die Übersetzerin Lisa Mensing hat in diesem Sinne beste Arbeit geleistet. Nichts für zarte Gemüter, trotzdem dringende Leseempfehlung.