Rezension

In einer zerstörten Welt

Schattenhauch. Ruinen der Dämmerung - Tanja Bern

Schattenhauch. Ruinen der Dämmerung
von Tanja Bern

Amelie und Derlyn leben in einer Welt, die von den Menschen zerstört wurde. Ihre Gier nach Profit und Rohstoffen, ließ die Menschen hohe Risiken eingehen, um an die Rohstoffe tief in der Erdkruste zu gelangen. Die eingeleiteten Chemikalien führten zu einer Verseuchung des Grundwassers, die bei den Menschen zu einem Chemiefieber führte, an dem die meisten Menschen starben. Die Überlebenden zogen sich in die Wälder zurück, da man schnell feststellte, dass die Bäume in der Lage waren, dass Gift im Boden zu neutralisieren.

Die 17 jährige Amelie wurde in einem geschützten Tal geboren, und kennt die Welt vor der Katastrophe nur aus Büchern. In ihrem Tal gibt es dank der Bäme, die das Tal umgeben, kein Chemiefieber mehr, doch das Tal ist von einer hohen Mauer umgeben, die die Menschen schützen soll. Denn draußen, vor dem Wall, lauern die Schatten, Kreaturen, die nach der Katastrophe auftauchten und den Menschen große Angst einjagen.

Als die junge Lillyn aus dem Tal verschwindet, machen sich Amelie, und der androgyne Derlyn, der als Kind im Wald gefunden wurde, auf die Suche nach ihr und stoßen schon bald auf ihre Spur, welche in die Ruinen der Stadt führt. Dort machen sie eine Entdeckung, mit der niemand gerechnet hätte…

Tanja Berns Charaktere sind sehr liebevoll ausgearbeitet, und sie wirken sehr authentisch. Die 17 jährige Amelie ist eine sympathische Protagonistin, die Mut und Durchhaltevermögen beweist. Allerdings hatte ich insbesondere zum Ende des Buches hin ein wenig das Gefühl, dass sie in Derlyns Schatten tritt.

Derlyn ist ein Junge in Amelies Alter, der als Kind in den Wäldern außerhalb des Walls gefunden wurde. Er unterscheidet sich von den anderen Jungen seines Alters, sieht eher androgyn aus, und ist ein Außenseiter. Dennoch ist Amelie fasziniert von ihm, und als Lillyn verschwindet, bringen seine Sinne sie auf die richtige Spur.

Eine wichtige Rolle spielt auch der Arzt und Wissenschafter Viktor Storm, der ein Überlebender der Katastrophe ist, und sich um die Menschen im Tal kümmert. Er ist geplagt von Schuldgefühlen und trägt ein Geheimnis mit sich herum, dass schwer auf ihm lastet.

Um nicht zu viel von der Story zu verraten werde ich nichts über die anderen Charaktere sagen. Nur so viel, es gibt immer wieder verschiedene Handlungsabschnitte, die jeweils neue Überraschungen mit sich bringen und Fragen aufwerfen. Aber es werden auch immer Fragen beantwortet, und am Ende sind bei mir kaum Fragen offen geblieben, was ich sehr schön fand. Insgesamt war der ganze Verlauf der Story sehr gut durchdacht und in sich schlüssig.

Obwohl es nach der Katastrophe kein Regime gibt, das die Menschen mit seiner Herrschaft unterdrückt, würde ich das Buch dennoch als Dystopie einstufen. Die Welt ist zerstört, die Menschen leben in kleinen geschützen Tälern und können kaum miteinander kommunizieren, sofern die denn voneinander wissen. Das als Ursache der Katastrophe Fracking gewählt wurde, fand ich sehr passend, da es ja auch die Medien aktuell beschäftigt und meiner Meinung nach ein sehr wichtigen Thema ist. Der Mensch wiegt Risiko und Nutzen ab, doch bei der Gier nach Macht, Geld, und Ressourcen, ist das Risiko manchmal zu hoch. Wer weiß schon, wo die Chemikalien letztendlich landen, die wir in die Erde pumpen? Letztendlich ist das Szenario von Schattenhauch gar nicht so weit hergeholt. Ich fand die Vorstellung tröstlich, dass die Natur immer einen Weg findet, und sich anpassen kann, insbesondere, wenn der Mensch ihr nicht mehr ins Handwerk pfuscht.

Fazit

Tanja Berns Schattenhauch ist eine gelungene Dystopie, welche die Welt nach einer Chemiekatastrophe beschreibt, die große Teile der Menschheit dahingerafft hat. Die Menschen leben in einfachen Verhältnissen und in enger Verbundenheit mit der Natur. Ihre Charaktere sind gut gezeichnet und man kann ihre Entwicklung gut mitverfolgen. Außerdem gelanf es ihrem bildhaften Schreibstil sehr gut, eine ganze Welt vor meinem inneren Auge entstehen zu lassen. Eine Dystopie der etwas anderen Art, die ich nur weiterempfehlen kann.