Rezension

Empfehlenswerter historischer Roman

Wind von Westen - Cordula Broicher

Wind von Westen
von Cordula Broicher

Bewertet mit 5 Sternen

Wir schreiben das Jahr 1793. Auf dem Kirchhof ist der Hofherr verstorben. Balthasar möchte auf diesem Hof einheiraten. Er bittet seinen ältesten Bruder um Hilfe. Als Paul, der Bruder der Witwe, verschwindet, steigen Balthasars Chancen, Herr auf einem Halfenhof zu werden.

Die Autorin hat einen interessanten, detailgenauen und abwechslungsreichen historischen Roman geschrieben. Die Protagonisten werden gut charakterisiert.

Balthasar hat konkrete Vorstellungen von seinem Leben als Hofherr. Er zeichnet sich durch Einfühlsamkeit, aber auch konsequentes Handeln aus. Ersteres beweist er gegenüber Agnes und ihren Geschwistern. Die Witwe musste ihn heiraten. Balthasar lässt ihr Zeit, sich an die neue Situation zu gewöhnen. Konsequenz ist notwendig, um den Schwiegervater die Grenzen aufzuzeigen.

Eine besondere Rolle spielt Tilla. Agnes` jüngste Schwester fällt nicht nur durch ihre Lebenslust, ihre ungeahnten Einfälle und ihrer Lernwillen auf, sie ist auch für manch Überraschung gut, die mich als Leser ins Zittern brachte.

Das Buch zeichnet sich durch die exakte Recherche der Autorin aus. Sie erzählt ein Stück ihrer Familiengeschichte, so weit sie bekannt war.

Das Buch ließ sich zügig lesen. Dazu hat nicht nur die fesselnde Handlung, sondern auch der gut lesbare Sprachstil beigetragen. Der Roman spielt in der Nähe von Köln. Deshalb werden ein Teil der Gespräche, vor allem mit den Untergebenen, auch in Mundart geführt. Das fand ich gut, denn dadurch bekommt das Buch eine gewisse Authentizität. Genaue Beschreibung der Handlungsorte und der Arbeitsvorgänge in der Landwirtschaft sorgen dafür, dass der Hof und seine Bewohner bildhaft vor meine Augen standen. Die Verwendung treffender Metapher und die gekonnte Darstellung der Emotionen nicht nur durch Worte, sondern auch durch Taten der Protagonisten machen das Lesen zum Vergnügen.

Geschickt bettet die Autorin das Dorfleben in die große Weltgeschichte. Es ist die Zeit der Napoleanischen Kriege. Die Besatzung wechseln, Hunger, Not und Übergriffe bleiben. Gerade zu dem Thema sind der Autorin einige sehr inhaltsreiche Dialoge gelungen.

Im Nachwort werden Fakten und Fiktion getrennt. Ein umfangreiches Glossar erläutert die Begriffe aus dem Dialekt.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Die Autorin hat die Fülle des Lebens ins historische Gewand gekleidet. Liebe und Missgunst, Hilfsbereitschaft und Ablehnung, Tod und neues Leben sind nur wenige der gesteiften Themen.