Rezension

eine überraschende und spannende Fortsetzung und ein rundum gelungener Abschluss der Dilogie

Gray Kiss - Michelle Rowen

Gray Kiss
von Michelle Rowen

Zitat:
„Das war kein normaler Kuss mit einem betrunkenen Jungen, der mich mochte und sauer war, dass seine Gefühle auf keine Gegenliebe stießen. Nein, bei diesem Kuss ging es nur um eins: den Hunger zu stillen. Ich hatte keine Seele mehr und versuchte daher permanent, die Seele einer anderen Person zu verschlingen.
Genau davor hatte ich mich am meisten gefürchtet. Ich wollte niemandem wehtun. Doch genau das tat ich gerade.“
(S. 19)

Inhalt:
Böses geschieht in Trinity. Nicht nur die „küssende Gang“ macht Schlagzeilen. Nein, auch Selbstmorde und Vermisstenanzeigen häufen sich.

Das alles bekommt Sam aber nur beiläufig mit. Als Gray von unnachgiebigem Hunger auf Seelen geplagt wird, muss sie stets dem Drang widerstehen, sich das nächstbeste, äußerst bereitwillige, Opfer zu schnappen und zu küssen.

Nur knapp kann Kraven sie von Colin losreißen und küsst sie seinerseits, um den Heißhunger ohne Konsequenzen zu verdrängen – zum Leidwesen seines Bruders Bishop.

Sam muss unbedingt Stephen finden, ihre und die Seele von Carly zurückbekommen. Einfacher gesagt, als getan. Vor allem, wenn auch noch Eifersucht auf das neue Team-Mitglied Cassandra ins Spiel kommt.

Meinung:
Ich hatte Band 1 „Dark Kiss“ bis auf ein paar Kleinigkeiten geliebt und war ganz gespannt, wie sich die Geschichte um die küssende Sam weiterentwickeln würde. Auf die Menge an Weiterentwicklungen war ich aber nicht vorbereitet.

Michelle Rowan beginnt „Gray Kiss“ kurz nach dem Ende von Band 1. Sam ist auf der Suche nach Stephen, um sich ihre Seele zurückzuholen. Leider kommen ihr dabei Bishop und Kraven in den Weg. Und der arme Colin, der so unverschämt ist, Sam einfach zu küssen – was deren Selbstbeherrschung nahezu vernichtet. In letzter Sekunde geht Kraven dazwischen – und küsst Sam ebenfalls. Als seelenloser Dämon muss er hierbei auch nichts befürchten – im Gegensatz zu Bishop, den Sam bereits kosten konnte.

Das daraus resultierende Drama lässt sich nur dadurch überstehen, dass Sam das Licht sieht – ein neuer Ankömmling. Himmlischer Abstammung, weiblich: Cassandra. Ein knallharter Engel, mit dem nicht zu spaßen ist, eine „Urgöttliche“, ein geschaffener Engel, der niemals ein Mensch war und dessen Fehlbarkeit kennengelernt hat. Und die es scheinbar auf Bishop abgesehen hat. Braucht man mehr Gründe, eine „Person“ zu hassen? 

Die Protagonistin Sam jedenfalls nicht. Zu der Liebe zu Bishop, die nicht sein darf, dem Hunger, der nicht gestillt werden darf und Küssen von dem Falschen gesellt sich nun noch die Eifersucht auf Cassandra zu der Unmenge an Problemen, die Sam mit sich herumschleppt. In ihr erwachen neben dem Hunger aber auch neue Fähigkeiten. Sie ist in der Lage, Bishops Erinnerungen anzuzapfen, um endlich mehr über dessen Vergangenheit zu erfahren.

Ich muss zugeben, dass ich von den ersten Kapiteln beinahe schon enttäuscht war. Ich habe Sams Sarkasmus vermisst, auch wenn diese Entwicklung in Anbetracht der Lage natürlich nachvollziehbar ist. „Gray Kiss“ ist düsterer als sein Vorgänger, die Bedrohung – egal aus welcher Richtung – stets präsent. Somit ist es kein Wunder, dass Sam ihren Humor und Kraven (meist) seine Schlagfertigkeit verloren hat. Aber nach den besagten ersten Kapiteln, als sich die Handlungsstränge verdichteten, neue Bedrohungen auftauchten und die Charaktere sich – teils sehr unerwartet – entwickelten, konnte ich diesen zweiten Teil nur lieben.

Endlich brachte die Autorin Licht in die dunkle Vergangenheit des ungleichen Geschwisterpaares Bishop und Kraven, Überraschungen und dramatische Wendungen inklusive. Michelle Rowan führte aber auch ihre Ideen aus Teil 1 konsequent weiter: Das Schwarz verändert sich und wird unberechenbar. Zu Engeln, Dämonen und Grays kommen neue Arten Übernatürlicher hinzu, die für viele interessante Wendungen sorgen.

Die Spannung steigt permanent, als sich die Handlungsstränge verflechten. Die Autorin hat es auch nicht verpasst, mich auf falsche Fährten zu führen und „Gray Kiss“ sogar kurzfristig als „vorhersehbar“ zu verurteilen, was ich aber hinterher vehement abstreiten muss. Denn diese Fortsetzung bietet eine Vielzahl an überraschenden Wendungen, neuen Offenbarungen und Entwicklungen, die ich so niemals auch nur erahnt hätte.

Durch den kurzweiligen Schreibstil der Autorin konnte ich jede davon genießen, mich überraschen und weiter von der Geschichte mitreißen lassen. Ab und zu blitzte dann sogar die vermisste humorvolle Art von „Dark Kiss“ durch, was mein Herz gleich wieder höher schlagen ließ. Samantha erzählt weiterhin in der Ich-Perspektive in Vergangenheitsform – mit kurzen Einblicken in Bishops Geist.
Romantische Gefühle kommen auch nicht zu kurz, selbst aus ungeahnter Richtung. Es ergeben sich Freundschaften, die keiner für möglich und niemand auch nur vermutet hätte.

So wurde ich von Spannung, Überraschung und jeder Menge Gedanken an Küsse durch das Buch getrieben, ehe mich die Woge packte und die Spannung zu einem mitreißenden Strom wurde, der sich in einem gigantischen Showdown ergoss, ehe die Autorin diesen finalen zweiten Band zu einem dämonisch guten und engelsgleichen Ende führte, das mich rundum zufrieden zurücklässt.

Urteil:
„Gray Kiss“ toppt in Sachen Spannung, überraschende Wendungen und Charakterentwicklungen den Vorgänger definitiv. Auch wenn der sarkastische Humor der Protagonistin größtenteils ihrem Hunger und der düsteren Stimmung weichen musste, hatte ich aufgrund der Vielzahl an neuen Ideen absoluten Lesespaß, der die Höchstwertung nur ganz knapp verfehlt hat. Sehr sehr – sehr gute 4 Bücher für den gelungenen Abschluss der Dilogie.

Wer Gefallen an Fantasy rund um Engel und Dämonen findet, darüber hinaus Übernatürliche abseits der Norm zu schätzen weiß, großartigem Humor (insbesondere in Band 1), zahlreichen Überraschungen und interessanten Wendungen nicht abgeneigt ist, der sollte unbedingt zu Dark und Gray Kiss greifen. 

Die Serie:
1. Dark Kiss
2. Gray Kiss

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