Rezension

Eine mutige Frau geht ihren Weg. Sehr bewegend, schockierend aber auch lustig

Sechs Millionen Kekse im Jahr - Jessica Thom

Sechs Millionen Kekse im Jahr
von Jessica Thom

Über Jessica Thom:
Die Autorin Jessica Thom hat das Tourette-Syndrom. Diese Störung äußert sich in verbalen und körperlichen Tics, die sie nicht kontrollieren kann. Jess beeindruckt dadurch, dass sie ihre Krankheit angenommen hat, und sie sogar als ihre einzige Stärke beschreibt. Sie bemitleidet sich nicht selbst, sondern hat etwas geschaffen, was ihr und anderen Betroffenen Mut macht.
In einem Blog - der die Grundlage dieses Buches bildet - stellt sie ihre Tics vor und läd Interessierte ein, Kunstwerke zu ihren verbalen Entgleisungen zu machen. So entstanden etliche Zeichnungen. Aber auch Musiker haben sich des Themas angenommen und haben ihre Tics und Geräusche, die sie macht, vertont.
Jessica hat sich außerdem als Kunstfigur „neu“ erschaffen. Sie nennt sich Touretteshero. (Tourette-Heldin). In einem maßgeschneiderten Superhelden Kostüm klärt sie vor allem Kinder über das Tourette-Syndrom auf um ein Bewusstsein für diese Störung zu schaffen, denn viele kennen dieses Leiden überhaupt nicht.
Aber auch bei zahlreichen unkostümierten Auftritten im Fernsehen oder auf großen Bühnen hält sie Vorträge. Sie versucht den Menschen die Scheu vor Tourettern zu nehmen und zu vermitteln, dass es ihr lieber ist, wenn man sie offen und neugierig auf ihren Zustand anspricht anstatt sie nur abfällig kopfschüttelnd als verrückte abzustempeln.
Auch Lachen ist durchaus erwünscht. Vor allem, wenn sie wieder ganz begeistert mitten im Sommer „Fröhliche Weihnachten!“ ruft, oder auf einmal ihr Kumpel „der Cousin von Batman ist“.

Zum Buch:
In diesem Buch gehen wir mit ihr durch ein komplettes Jahr.
Die Kapitel sind nach Monaten unterteilt, die jeweils mit einer Zeichnung von ihr (einem bildgewordenen Verbal-Tic) eingeleitet werden.
Die Monate enthalten wiederum kurze tagebuchartige Blogeinträge, die uns den Gemütszustand, lustige oder auch bedrückende Begebenheiten aus ihrem täglichen Leben beschreiben.
Ein Jahr in dem sich einiges für Jess verändert. Ihre Tics beeinflussen mehr und mehr ihren Alltag, sie wechselt ihren Job und sie zieht um. Am Ende ist sie mehr und mehr auf Fremde Hilfe angewiesen. Sie braucht sogar einen Rollstuhl, damit sie nicht ständig wegen ihrer unkontrollierten Beinbewegungen hinfällt. Die körperlichen Tics gehen sogar bis zu epilepsieartigen Verdrehungen und Verkrampfungen des ganzen Körpers.
Jess Thom kann sich wirklich glücklich schätzen, denn sie hat jeden Tag wertvolle Freunde um sich, die ihr in jeder Lebenslage Halt geben und für sie da sind. Gemeinsam mit ihnen schafft sie ihren schweren Alltag und genießt das Leben wie es sich ihr bietet.

Mein Fazit:
Als Leser muss (und darf) man manchmal über ihre Wortschöpfungen lachen. Manchmal möchte man aber auch weinen oder wütend sein, wenn man erlebt, wie aggressiv oder unverständig erwachsene Menschen mit ihr umgehen, weil sie nicht wissen, dass Jess nicht absichtlich unruhig herumzappelt oder quieckt. Ich war stets begeistert, wie Jess ihren Alltag meistert und nicht müde wird den Menschen zu erklären was Tourette ist.
Das Buch hat mich gefesselt, obwohl mir manche Tagebucheinträge zu kurz waren, und ich mir gewünscht hätte, dass sie noch ein paar erklärende Worte dazupackt.
Am Ende beantwortet sie noch die häufigsten Fragen zu Tourette und für Deutschland sind ganz zum Schluss auch noch Internetseiten zum Thema Tourette aufgelistet, falls man mehr über das Syndrom erfahren möchte.

Alles in Allem bin ich fasziniert von Jess Thom, die mit Lebensmut und Enthusiasmus versucht über das Tourette Syndrom aufzuklären und ihr Leben mit allen Hindernissen zu meistern.
Wer nicht weiß was Tourette ist, oder mehr über den Alltag eines Tourette-Betroffenen erfahren möchte, dem kann ich das Buch wirklich wärmstens als Einstieg empfehlen.