Rezension

ein atmosphärisch dichter Roman

Vor dem Abgrund - Tom Finnek

Vor dem Abgrund
von Tom Finnek

Bewertet mit 5 Sternen

"Vor dem Abgrund " ist mein erster Roman von Tom Finnek, was sich aber bald ändern wird, denn seine atmosphärischen Beschreibungen des ausgehenden 19.Jahrhundert in London, haben mich mehr als begeistert.

Zwei Personen beherrschen dieses Buch, die verarmte Celia Brooks, die nach dem Tod ihrer Mutter nach London geht und dort ihren verschwundenen Vater sucht, dessen Spur ins Londoner East End führt und der Hotelierssohn Rupert Ingram, der eine Zukunft einschlagen soll, die ihm nicht behagt und Vergessen in den Spelunken, Hurenhäusern und Opiumhöhlen von Whitechapel sucht. Beide sind auf der Suche nach sich selbst und ihrer Zukunft und wie der Zufall es will kreuzen sich ihre Wege.
Abwechselnd kommen Celia und Rupert in diesem Buch in einzelnen Kapiteln zu Wort und schildern ihre Geschichte aus persönlicher Sicht, auch Celias Vater kommt zu Wort.

Was für ein Erzähltalent dieser Tom Finnek ist. Ich habe an den Seiten dieses Buches geklebt , das mir das London des ausgehenden 19. Jahrhunderts vor Augen führte. Die Beschreibungen des Autors sind detailgetreu, aber nicht ausschweifend, so dass ich mich nicht gelangweilt fühlte, im Gegenteil die atmosphärischen Beschreibungen des Londoner Eastend haben mich die verdreckten Straßen sehen und ihren Geruch erahnen lassen. Über allem der ewige Nebel über der Themse und den Hafenanlagen, der die unheimliche Stimmung in den Straßen , in denen Jack the Ripper seine Morde beging, noch verstärkt hat. Vor mir lief ein Kopfkino ab, dass mich an die Bücher von Charles Dickens denken ließ. Ich habe jede Seite dieses Romans genossen.
Auch die Personen dieses Buches waren gelungen, überzeugend und handelten zeitgemäß. Die Heilsarmee, die im London der damaligen Zeit eine große Rolle gespielt hat, findet hier auch ihren Platz und sie sind gut in die Geschichte integriert. In einem Stadtteil Londons, in dem vor übermäßigem Alkohol und verfallender Moral gewarnt werden musste haben sie ein großes Betätigungsfeld. Kuriositäten wie der Elefantenmensch, die bärtigen Spanierin oder die Schlangenfrau konnte man sich in verrauchten Varietees vorstellen, in denen betrunkenen Hafenarbeiter und Seeleute herumkrakeelten. Ein gelungenes Bild der damaligen Zeit, dieser Gedanke ist mir oft gekommen.

Dieses Buch hat mich neugierig gemacht auf weitere Bücher dieses Autors und ich kann es Lesern, die gern einen gelungenen historischen Roman lesen empfehlen. Ein gut gelungenes Zeitgemälde jener Zeit.