Rezension

Unsympathische Protagonistin und ein Teenietraum, der wahr wird

Schloss der Engel - Jessica Itterheim, Diana Itterheim

Schloss der Engel
von Jessica Itterheim Diana Itterheim

Bewertet mit 2 Sternen

Okay. Es ist… ich fange anders an: Lynn alias Linde ist einfach eine furchtbar unsympathische Person. Sie ist unselbständig, egoistisch, eifersüchtig, naiv, stellenweise nicht mal mehr das, sondern dumm. Dauernd gerät sie in Gefahr und schafft es nicht ein einziges Mal, sich selbst zu befreien. Somit ist sie immer auf einen Beschützer angewiesen. Christopher hingegen ist perfekt. Zumindest in ihren Augen:
Helle, gewellte Locken, scharfgeschnittene Gesichtszüge und gefährlich sanft geschwungene Lippen. Er stand neben dem Pavillon und starrte gedankenverloren auf den See. Selbst als der eisige Wind durch sein weißes Hemd fuhr, so dass sein Körper sich darunter abzeichnete, rührte er sich nicht.
Mir hingegen stockte der Atem: perfekt!
Aber über Christophers Gefühle und Gedanken kriegt der Leser durch die Ich-Perspektive keinerlei Einblick. Auch seine Motive bleiben unbekannt.
Dazu kommt die Liebe zwischen den beiden. Bis auf die Tatsache, dass Lynn seinen Körper perfekt findet, ist da nichts! Wo ist die Chemie? Das Flirten? Das Knistern? Und warum hat sich der Racheengel jetzt ausgerechnet in diese quengelnde, naive, selbstmordgefährdete junge Frau verliebt? Und plötzlich war es Liebe… es fehlt hier einfach der Hintergrund, die Gedanken, das Verlieben!
Zu den restlichen Charakteren: Es sind viele interessante Ansätze, Aron, Coelestin, Susan. Aber sie bleiben einfach flach und unbeschrieben. Ich finde es zwar gut, wenn dem Leser Freiraum gegeben wird, doch es gibt zu viel Freiraum. Die Engel sind – bis auf Aron und da weiß man eben auch nur, was Lynn zu ihm denkt, seine wahren Motive bleiben unklar – perfekt und lieb und nett. Die Schüler aus dem menschlichen Internat sind hingegen oft… flach. Mir fällt kein anderes Wort ein. Man erinnert sich nicht an sie, sie sind austauschbar.
Trotz all diesen negativen Charakterpunkten habe ich das Buch recht schnell durchgehabt. Das liegt nicht am Schreibstil, dieser war mir stellenweise zu viel (z.B. das wunderbare Zitat, welches das Schloss beschreibt). Ich mag Beschreibungen, aber es gibt auch zu viel Beschreibung.
Letztendlich liegt es am Inhalt: Zwei Antagonisten haben es gleich auf Lynns Seele abgesehen, bei einem nachvollziehbar, beim anderen… zum Teil nachvollziehbar. Und dieser Erzählstrang ist es, der mich dazu bewogen hat, dass Buch durchzulesen. Ich finde es faszinierend, dass mich ein Buch trotz so schlecht ausgearbeiteter Charaktere zumindest teilweise in seinen Bann gezogen hat.
Fazit
Wir haben hier eine Geschichte, in der Teenie-Träume verwirklicht werden: Der einzigartige, tolle, fantastische, geheimnisvolle, supersexy Engel verliebt sich ohne jeden ersichtlichen Grund in die Hauptdarstellerin, die auch noch in der Ich-Perspektive schreibt.
An und für sich hat die Geschichte Potential und ich bin gespannt, ob dieses im zweiten Band nun endlich vollkommen ausgenutzt wird oder wieder verkümmert. Es wäre aber auch an der Zeit, dass Lynn mal eine Entwicklung macht und nicht auf der Stelle tritt.